Einführung

Die außergerichtliche Streitbeilegung soll weiterhin gefördert werden. Aus diesem Grund sehen die Gerichtskostengesetze die Möglichkeit vor, dass die Länder über die bereits bestehenden Gebührenermäßigungen weitere kostenrechtliche Anreize schaffen können. Vorgesehen ist ein gänzlicher Wegfall von Gerichtsgebühren, wenn die Klage oder der Antrag aufgrund einer Mediation oder anderen Form der außergerichtlichen Streitbeilegung vollständig zurückgenommen wird. Das Land Niedersachsen hat nunmehr als erstes Land von der Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht. Die entsprechende Verordnung und die Voraussetzungen für den Wegfall der Gerichtsgebühren sollen im Folgenden kurz erläutert werden.

I. Gesetzliche Grundlagen – Verordnungsermächtigungen

§ 69b GKG ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass sich bestimmte Gerichtsgebühren über den im GKG geregelten Umfang hinaus weiter ermäßigen. Eine solche Ermäßigung ist nach § 69b S. 1 GKG an folgende alternative Bedingungen geknüpft:

1. Das gesamte Verfahren wird nach einer Mediation oder nach einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung durch Klage- oder Antragsrücknahme beendet.
2. In der Klage- oder Antragsschrift wurde mitgeteilt, dass eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung unternommen wird oder beabsichtigt ist.
3. Das Gericht hat den Parteien die Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorgeschlagen.

Eine entsprechende Regelung kann neben den erstinstanzlichen Verfahren auch für die Rechtsmittelverfahren erlassen werden, wobei hier anstelle der Mitteilungspflicht in der Klage- oder Antragsschrift die Mitteilung, dass eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung unternommen wird oder beabsichtigt ist, in dem Schriftsatz vorzunehmen ist, mit dem das Rechtsmittel eingelegt wird (§ 69b S. 2 GKG).

Die Verordnungsermächtigung sieht vor, dass über die folgenden Ermäßigungstatbestände hinaus eine weitergehende Ermäßigung oder sogar ein vollständiger Wegfall der Gebühren durch Landesrecht bestimmt werden kann:

 
Zivilsachen

Nr. 1211 GKG-KostVerz.

Nrn. 1221, 1222 GKG-KostVerz.
Arrest und Einstweilige Anordnungen

Nr. 1411 GKG-KostVerz.

Nrn. 1421–1423 GKG-KostVerz.
Verwaltungsgerichtliche Verfahren

Nr. 5111 GKG-KostVerz.

(Verfahren vor dem VG)

Nr. 5113 GKG-KostVerz.

(Verfahren vor dem OVG/VGH)

Nrn. 5123, 5124 GKG-KostVerz.

Nr. 5211 GKG-KostVerz.

(Eilverfahren vor VG)

Nr. 5221 GKG-KostVerz.

(Eilverfahren vor OVG/VGH)

Nrn. 5241 GKG-KostVerz.
Finanzgerichtliche Verfahren

Nr. 6111 GKG-KostVerz.

Nr. 6211 GKG-KostVerz.
Sozialgerichtliche Verfahren

Nr. 7111 GKG-KostVerz.

(Verfahren vor dem SG)

Nr. 7113 GKG-KostVerz.

(Verfahren vor dem LSG)

Nrn. 7121, 7122 GKG-KostVerz.
Arbeitsgerichtliche Verfahren

Nr. 8211 GKG-KostVerz.

Nrn. 8221, 8222 GKG-KostVerz.

Daneben ist eine entsprechende Verordnungsermächtigung in § 61a FamGKG für die Gerichtsgebühren in Familiensachen vorgesehen.

II. Bisheriger Erlass von Rechtsverordnungen – Niedersachsen als Vorreiter

Niedersachsen hat als erstes und bisher einziges Land von der Verordnungsermächtigung des § 69b GKG Gebrauch gemacht, um die Bereitschaft zur außergerichtlichen Streitbeilegung auch nach erfolgter Klageerhebung zu erhalten und zu fördern.

Hierzu hat die niedersächsische Landesregierung die Verordnung über das Entfallen von Gerichtsgebühren bei außergerichtlicher Konfliktbeilegung v. 12.6.2019[1] verabschiedet. Die Verordnung ist am 1.7.2019 in Kraft getreten.

Nach § 1 Abs. 1 der Verordnung wird eine weitergehende Gebührenermäßigung gewährt für die erstinstanzlichen Verfahren der Arbeits-, Finanz-, Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Nach § 1 Abs. 2 der Verordnung gilt das auch für die entsprechenden Rechtsmittelverfahren dieser Fachgerichtsbarkeiten. Die Finanzgerichtsbarkeit ist jedoch insoweit ausgenommen, da die Verordnungsermächtigung nach § 69b GKG nur die Landesgerichte erfasst, für die Berufungen jedoch der BFH zuständig ist.

Im Einzelnen ist vorgesehen, dass über die folgenden Ermäßigungstatbestände hinaus eine weitergehende Ermäßigung oder sogar ein vollständiger Wegfall der Gerichtsgebühren erfolgen kann:

 
Verwaltungsgerichtliche Verfahren

Nrn. 5110, 5112, 5210, 5220 GKG-KostVerz. bei Vorliegen einer Ermäßigung nach:

Nr. 5111 GKG-KostVerz.

(Verfahren vor dem VG)

Nr. 5113 GKG-KostVerz.

(Verfahren vor dem OVG/VGH)

Nrn. 5123, 5124 GKG-KostVerz.

Nr. 5211 GKG-KostVerz.

(Eilverfahren vor VG)

Nr. 5221 GKG-KostVerz.

(Eilverfahren vor OVG/VGH)

Nrn. 5241 GKG-KostVerz.
Finanzgerichtliche Verfahren

Nrn. 6110, 6210 GKG-KostVerz. bei Vorliegen einer Ermäßigung nach:

Nr. 6111 GKG-KostVerz.

Nr. 6211 GKG-KostVerz.
Sozialgerichtliche Verfahren

Nrn. 7110, 7112 GKG-KostVerz. bei Vorliegen einer Ermäßigung nach:

Nr. 7111 GKG-KostVerz.

(Verfahren vor dem SG)

Nr. 7113 GKG-KostVerz.

(Verfahren vor dem LSG)

Nrn. 7121, 7122 GKG-KostVerz.
Arbeitsgerichtliche Verfahren

Nr. 8210 GKG-KostVerz. bei Vorliegen einer Ermäßigung nach:

Nr. 8211 GKG-KostVerz.

Die Gebühren entfallen nach § 1 Abs. 1 der Verordnung, wenn folgende Voraussetzu...

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