Einführung

Ist einer Partei Prozesskostenhilfe bewilligt, ist zu beachten, dass sich die Wirkungen nicht nur auf die PKH-Partei beschränken. So kann die Bewilligung etwa in den Fällen des § 122 Abs. 2 ZPO bewirken, dass auch der Gegner zunächst einstweilen von der Zahlung der Gerichtskosten befreit ist. § 125 ZPO regelt zudem den Zeitpunkt des Einzugs der Gerichtskosten vom Gegner der PKH-Partei und bestimmt, dass die Kosten erst nach Rechtskraft oder sonstiger Beendigung eingezogen werden können. Auf beide Vorschriften und ihre Auswirkungen soll nachfolgend hingewiesen werden.

I. Voraussetzung und Umfang der Wirkungen des § 122 Abs. 2 ZPO

1. Voraussetzungen für die einstweilige Befreiung

Nach § 122 Abs. 2 ZPO ist der Gegner des PKH-Beteiligten einstweilen von der Zahlung der Gerichtskosten befreit, wenn dem Kläger, dem Berufungskläger oder dem Revisionskläger PKH ohne Zahlungsbestimmungen (Ratenzahlung oder Einmalbetrag) bewilligt ist. Aufgrund der Regelung der §§ 76 Abs. 1, 113 Abs. 1 FamFG gilt die Regelung auch bei Bewilligung von VKH ohne Zahlungsbestimmungen für den Antragsteller, Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeführer.

Die Befreiung des § 122 Abs. 2 ZPO gilt nicht, wenn PKH mit Zahlungsbestimmungen bewilligt wurde. Auch greift die Regelung nicht ein, wenn dem Beklagten, Antragsgegner oder Rechtsmittelgegner ratenfreie PKH bewilligt wird. In diesen Fällen bleiben Kläger, Antragsteller oder Rechtsmittelführer vorschusspflichtig. Sie sind jedoch durch § 31 Abs. 3, 4 GKG, § 26 Abs. 3, 4 FamGKG geschützt.

 

Beispiel 1

In einer Zivilsache wird dem Kläger ratenfreie PKH bewilligt.

Der Beklagte ist nach § 122 Abs. 2 ZPO einstweilen von der Zahlung der Gerichtskosten befreit. Er braucht Vorschüsse für Gerichtskosten deshalb nicht zu leisten.

 

Beispiel 2

In einer Zivilsache wird dem Kläger PKH mit Ratenzahlung bewilligt.

Der Beklagte ist nicht nach § 122 Abs. 2 ZPO einstweilen von der Zahlung der Gerichtskosten befreit. Er hat deshalb Vorschüsse für Gerichtskosten zu leisten. Werden dem Kläger später die Kosten auferlegt, greift § 31 Abs. 3 GKG. Danach gilt: Soweit einem Kostenschuldner, der aufgrund von § 29 Nr. 1 GKG haftet (Entscheidungsschuldner), PKH bewilligt worden ist, darf die Haftung eines anderen Kostenschuldners nicht geltend gemacht werden; von diesem bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen.

Hat der Beklagte Gerichtskostenvorschüsse gezahlt, sind sie ihm zurückzuerstatten, wenn der Kläger in die Kosten verurteilt wird. Ist ein Vergleich geschlossen und liegt eine Kostenübernahme vor, gilt § 31 Abs. 3 GKG hingegen nur für die von § 31 Abs. 4 GKG erfassten Vergleiche. Im Übrigen findet hier keine Rückzahlung an den Beklagten statt.

 

Beispiel 3

In einer Zivilsache A gegen B wird dem A in der ersten Instanz ratenfreie PKH bewilligt. Gegen das Urteil legt B Berufung ein. In dem Berufungsverfahren B gegen A wird dem A gleichfalls ratenfreie PKH bewilligt.

In der ersten Instanz ist B nach § 122 Abs. 2 ZPO einstweilen von der Zahlung der Gerichtskosten befreit. Er braucht Vorschüsse für Gerichtskosten deshalb nicht zu leisten.

In der Rechtsmittelinstanz kann B sich nicht auf § 122 Abs. 2 ZPO berufen, da hier nicht dem Berufungskläger, sondern dem Berufungsbeklagten ratenfreie PKH bewilligt ist. Für das Berufungsverfahren können deshalb von B Vorschüsse angefordert werden.

2. Umfang der Befreiung

§ 122 Abs. 2 ZPO stellt den Gegner einstweilen von den in § 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO genannten Kosten frei, sodass sowohl Gerichts- als auch Gerichtsvollzieherkosten umfasst sind. Erfasst sind auch gerichtliche Auslagen (Nrn. 9000 ff. GKG-KostVerz., Nrn. 2000 ff. FamGKG-KostVerz.). Eine Befreiung besteht deshalb auch für Auslagenvorschüsse nach §§ 379, 402 ZPO gegebenenfalls i.V.m. §§ 30 Abs. 1, 113 Abs. 1 FamFG, wenn auf Antrag des Beklagten oder Antragsgegners Zeugen oder Sachverständige herangezogen werden. Das Gericht darf deshalb in diesen Fällen die Heranziehung nicht von einer Vorschusszahlung abhängig machen. Ebenso darf der Kostenbeamte nicht selbstständig Auslagenvorschüsse nach §§ 17, 18 GKG oder §§ 16, 17 FamGKG anfordern.

Besteht Amtsermittlungsgrundsatz (z.B. § 26 FamFG), darf das Gericht zwar keine Abhängigmachung nach §§ 379, 402 ZPO anordnen, jedoch können dann Vorschüsse nach § 17 Abs. 3 GKG, § 16 Abs. 3 FamGKG erhoben werden. Kann sich der Gegner jedoch auf § 122 Abs. 2 ZPO berufen, scheidet auch ein Vorschuss nach § 17 Abs. 3 GKG, § 16 Abs. 3 FamGKG aus.

 

Beispiel

Zivilsache A gegen B. Dem A wird ratenfreie PKH bewilligt. Der B beantragt die Einholung eines Sachverständigengutachtens, für das voraussichtliche Kosten i.H.v. 2.000,00 EUR entstehen werden.

Ein Auslagenvorschuss (§§ 379, 402 ZPO bzw. § 17 GKG) kann von dem Beklagten B nicht gefordert werden, da dieser nach § 122 Abs. 2 ZPO von der Zahlung einstweilen befreit ist.

3. Besondere Verfahren

3.1 Widerantrag

Tritt der Beklagte als Widerkläger auf, sodass der Kläger in die Rechtsverteidigung gedrängt wird, findet § 122 Abs. 2 ZPO keine Anwendung, und es besteht insoweit für den Beklagten Vorschusspflicht.[1] Von dem Beklagten und Widerkläger kann dann auch die Gebührendifferenz angefordert werden, die im Falle des § 45 Abs. 1 S. 1 GKG entste...

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