Endet das Verfahren durch Vergleich, ohne dass eine Kostenentscheidung ergeht, können von dem Gegner der PKH-Partei die Kosten eingezogen werden, wenn der Vergleich wirksam wird. Dabei steht § 125 Abs. 1 ZPO, der nur die Kostenentscheidung nennt, nicht entgegen, da dessen Schutzzweck nicht berührt wird, soweit die Staatskasse den Gegner nur in dem für das Innenverhältnis vereinbarten Umfang in Anspruch nimmt.[8] Bei einem Vergleich, der keine Regelung über die Kostentragung enthält, gelten die Kosten als gegeneinander aufgehoben (§ 98 ZPO). Gegenseitige Kostenaufhebung ist wegen § 29 Nr. 2 GKG, § 24 Nr. 2 FamGKG auch bei einem dem Gericht mitgeteilten außergerichtlichen Vergleich, der keine Kostenvereinbarung enthält, zu unterstellen.[9] In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt § 83 Abs. 1 FamFG, danach fallen die Gerichtskosten jedem Beteiligten zu gleichen Teilen zur Last, wenn das Verfahren durch Vergleich erledigt wird und die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen haben.

Über den im Innenverhältnis vereinbarten Erstattungsanspruch hinaus kommt jedoch eine Inanspruchnahme durch die Staatskasse nach § 125 Abs. 2 ZPO in Betracht. Danach können mit wirksamem Vergleichsabschluss, der das Verfahren ohne Rechtskraft beendet, auch solche Gerichtskosten vom Gegner der PKH-Partei eingezogen werden, von dessen Zahlung dieser zunächst nach § 122 Abs. 2 ZPO befreit war. Eine Inanspruchnahme ist dabei im Rahmen des § 125 Abs. 2 ZPO bei Vergleichsabschluss auch insoweit statthaft, als der Gegner über die im Vergleich vereinbarte Regelung hinaus in Anspruch genommen wird. Es muss sich jedoch um Kosten handeln, für die der Gegner nach den Kostenhaftungsregelungen der Gerichtskostengesetze der Staatskasse gegenüber haftet.

Da ein Kosteneinzug von der PKH-Partei wegen der PKH-Bewilligung nicht statthaft ist, liegen die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 GKG für eine Inanspruchnahme des Gegners als Zweitschuldner vor. Da die PKH-Partei zudem als Übernahmeschuldner (§ 29 Nr. 2 GKG) und nicht als Entscheidungsschuldner (§ 29 Nr. 1 GKG) haftet, greift auch die Schutzwirkung des § 31 Abs. 3 GKG nicht ein, die im Falle der Entscheidungshaftung eine Inanspruchnahme des Gegners der PKH-Partei verhindern würde. Der Gegner kann deshalb die Kostenfestsetzung gegen die PKH-Partei verlangen, soweit er über die im Vergleich vereinbarte Kostenregelung hinaus in Anspruch genommen wird.

 

Beispiel 1

Zivilsache A gegen B. A wird ratenfreie PKH bewilligt. B beantragt die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Einen Vorschuss zahlt er hierfür wegen § 122 Abs. 2 ZPO nicht. Der Sachverständige erhält eine Vergütung von 1.000,00 EUR. Die Parteien schließen einen Vergleich. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Von B sind nach Wirksamkeit des Vergleichs einzuziehen:

a) die hälftige Gerichtsgebühr nach Nr. 1211 GKG-KostVerz.,

b) die Sachverständigenkosten (Nr. 9005 GKG-KostVerz.) in vollem Umfang.

Für die Gerichtsgebühr haftet B nicht als Antragsschuldner, sondern als Übernahmeschuldner (§ 29 Nr. 2 GKG) zur Hälfte. Für die Sachverständigenvergütung haftet B jedoch nach §§ 17, 18 GKG als Veranlassungsschuldner in voller Höhe. Dass A hierfür ebenfalls als Antragsschuldner haftet, berührt die Haftung des B nicht (§ 18 S. 1 GKG). Wegen § 125 Abs. 2 ZPO, §§ 17, 18, 31 Abs. 2 GKG können diese Kosten von B in vollem Umfang eingezogen werden. Für die hälftigen Sachverständigenkosten kann B auch die Kostenfestsetzung gegen A betreiben. Ein Rückzahlungsanspruch gegenüber der Staatskasse besteht nicht, da § 31 Abs. 3 S. 1 GKG wegen der bestehenden Übernahmehaftung nicht eingreift.

 

Beispiel 2

Zivilsache A gegen B. A wird ratenfreie PKH bewilligt. B beantragt die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Einen Vorschuss zahlt er hierfür wegen § 122 Abs. 2 ZPO nicht. Der Sachverständige erhält eine Vergütung von 1.000,00 EUR. Die Parteien schließen einen Vergleich. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben. Da es sich um einen Mehrvergleich handelt, entsteht auch eine gerichtliche Vergleichsgebühr.

Von B sind nach Wirksamkeit des Vergleichs einzuziehen:

a) die hälftige Gerichtsgebühr nach Nr. 1211 GKG-KostVerz.,

b) die Vergleichsgebühr nach Nr. 1900 GKG-KostVerz. in vollem Umfang,

c) die Sachverständigenkosten (Nr. 9005 GKG-KostVerz.) in vollem Umfang.

Für die Gerichtsgebühr haftet B nicht als Antragsschuldner, sondern als Übernahmeschuldner (§ 29 Nr. 2 GKG) zur Hälfte.

Für die Vergleichsgebühr haftet B neben A als Antragsschuldner in voller Höhe (§ 22 Abs. 1 S. 4 GKG). Ebenso haftet B für die Sachverständigenvergütung als Veranlassungsschuldner (§§ 17, 18 GKG) in voller Höhe.

Dass A hier für beide Kostenpunkte ebenfalls als Antragsschuldner haftet, berührt die Haftung des B nicht. Wegen § 125 Abs. 2 ZPO, §§ 17, 18, 22 Abs. 1 S. 4, 31 Abs. 2 GKG können diese Kosten von B in vollem Umfang eingezogen werden. Für die hälftige Vergleichsgebühr und die hälftigen Sachverständigenkosten kann B auch die Kostenfestsetzung gegen A betreiben. Ein Rückz...

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