1. Gesetzliche Grundlagen

Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält gem. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei gelten die Regelungen der ZPO über die PKH in Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen gem. § 11a Abs. 1 ArbGG entsprechend. Gem. § 115 Abs. 1 ZPO hat die Partei ihr Einkommen und gem. § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Dabei ordnet § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO die entsprechende Anwendung des § 90 SGB XII an. Gem. § 118 Abs. 2 S. 2 ZPO kann das mit dem PKH-Antrag befasste Gericht Erhebungen anstellen und dem Antragsteller unter Setzung einer Frist aufgeben, seine tatsächlichen Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse glaubhaft zu machen. Kommt der Antragsteller dem nicht nach und beantwortet er auch nicht bestimmte Fragen oder einzelne Fragen nur ungenügend, so lehnt das Gericht gem. § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO die Bewilligung von PKH ab.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat hier diese Grundsätze angewandt und den Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für das Berufungsverfahren zurückgewiesen.

2. Fehlende Bedürftigkeit

Da der Kläger innerhalb der ihm vom LAG Berlin-Brandenburg gesetzten Frist die Frage zu dem Verbleib der ihm gem. § 15 Abs. 2 AGG ausgezahlten Entschädigungen nicht genügend beantwortet hatte, konnte das LAG nicht abschließend prüfen, ob der Kläger die Prozesskosten für das Berufungsverfahren nicht aus seinem Vermögen bestreiten konnte bzw. ob er sich so behandeln lassen musste, als ob er noch über ausreichendes Vermögen verfügte, um die Prozesskosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Entschädigungszahlungen nach § 15 Abs. 2 AGG als Vermögen

Nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg gehören zu dem nach § 115 Abs. 3 ZPO einzusetzenden Vermögen auch Entschädigungszahlungen, die der um PKH Nachsuchende auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 AGG erhalten hat. Das LAG hat darauf hingewiesen, dass § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO lediglich auf § 90 SGB XII verweist. Deshalb sei es unerheblich, ob eine Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG gem. § 11a Abs. 2 SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist.

4. Einsatz von Entschädigungen keine Härte

Nach den weiteren Ausführungen des LAG Berlin-Brandenburg ist der Einsatz von Entschädigungen, die der um PKH Nachsuchende auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 AGG erhalten hat, grds. keine Härte i.S.v. § 90 Abs. 3 SGB XII. Aus dieser Bestimmung ergebe sich nicht, weshalb die Verwertung bzw. der Einsatz einer solchen Entschädigungszahlung allgemein eine Härte für den Antragsteller darstellen solle. Das LAG hat darauf hingewiesen, dass Entschädigungszahlungen pfändbare Ansprüche seien. Bereits hierdurch ergebe sich, dass diese Zahlungen nicht generell bei dem Antragsteller verbleiben müssten. Ferner hat das LAG auf die Doppelfunktion einer Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG verwiesen. Eine solche Zahlung diene einerseits der vollen Kompensation des immateriellen Schadens und andererseits der Prävention, wobei jeweils der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren sei. Insoweit unterscheide sich eine Entschädigungszahlung von einem Schmerzensgeld, das eine schadensausgleichende Funktion und opferbezogene Merkmale wie Umfang und Dauer der Schmerzen, Entstellungen, Leiden und Eingriffe in das Leben des Opfers habe. Demgegenüber komme es für eine Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG nicht darauf an, ob dem Benachteiligten konkrete Einbußen in seiner Lebensführung entstanden seien.

5. Fehlende Angaben

Nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg hatte der Kläger hier die Fragen des LAG nicht hinreichend beantwortet. Er habe zwar mitgeteilt, dass er in dem Zeitraum vom August 2021 bis November 2022 Entschädigungszahlungen i.H.v. insgesamt X EUR erhalten habe. Zum Verbleib dieses Vermögens habe er jedoch entgegen der Auflage nicht im Einzelnen vorgetragen. Dazu genüge ein allgemeiner Hinweis auf Zahlung von Darlehensrückständen und von Anwaltskostenvorschüssen nicht. So hat das LAG einen Vortrag des Klägers dazu vermisst, dass und welche konkreten bereits fälligen Verbindlichkeiten er mit dem Einsatz der Entschädigungen getilgt haben wolle. Hierzu hat das LAG darauf verwiesen, dass eine Partei, die einen Rechtsstreit führe, ihre finanziellen Dispositionen so gestalten müsse, dass sie ihr vorhandenes Vermögen für die Tragung der Prozesskosten einsetze. Wenn ein Rechtsstreit eingeleitet werde, dürfe die Partei vorhandenes Vermögen, welches möglicherweise für die Prozesskosten benötigt werde, grds. nur für unbedingt notwendige Ausgaben verwenden. Zu solchen unbedingt notwendigen Ausgaben gehöre etwa die Tilgung fälliger Forderungen und alle Ausgaben, die für einen beim Bezug einer Sozialleistung angemessenen Lebensstandard benötigt würden.

6. Einsatz des Vermögens

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