In meinen Augen mal wieder: Pure Ignoranz des LG bzw. offenbar hatte der entscheidende Einzelrichter auch keine Lust, sich mit aktuellerer Rspr. als aus den Jahren 2005–2007 zu befassen. Denn: Hätte das LG das getan, hätte es unschwer erkannt, dass die amtsgerichtliche Entscheidung falsch war und die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV hätte festgesetzt werden müssen. Man ist es leid und es ärgert einen, dass man immer wieder auf dieselben Fehler hinweisen muss, die bei der Gebühr Nr. 4142 VV gemacht werden. Für diese Gebühr kommt es nämlich – und das mag das LG bitte zur Kenntnis nehmen – nun nicht darauf an, was sich Staatsanwaltschaft und/oder AG gedacht haben Sondern: Allein maßgeblich ist, ob eine Beratung des Mandanten durch den Verteidiger im Hinblick auf eine Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB geboten war oder nicht. Und das ist sie m.E. immer, wenn eine Einziehung in Betracht kommt. Der Verteidiger muss schon aus haftungsrechtlichen Gründen tätig werden, unabhängig davon, ob Staatsanwaltschaft und/oder Gericht die Möglichkeit der Einziehung sehen. Daher war hier die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV spätestens dann entstanden, als der Verteidiger den Mandanten bei der Besprechung im Ermittlungsverfahren auf diese ggfs. drohende Nebenfolge hingewiesen hat. Das mag den Vertretern der Staatskasse und/oder den Gerichten missfallen, ist aber nun mal Folge der 2017 erfolgten Änderungen des Rechts der Einziehung in den §§ 73 ff. StGB. Man hat das Einziehungsrecht verschärft, dann mag man bitte auch die sich daraus ergebenden gebührenrechtlichen Folgen tragen. Und da es sich bei der Gebühr Nr. 4142 VV um eine Verfahrensgebühr handelt, kommt es auch nicht darauf an, ob sich diese Tätigkeit des Verteidigers aus den Akten ergibt. Auch das ist gebührenrechtliches Grundwissen, über das man bei der Strafkammer offenbar nicht verfügt hat (zu allem die Kommentierung zu Vorbem. 4 Abs. 2 VV und zur Nr. 4142 VV bei Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, mit zahlreichen aktuellen Rspr.-Nachw., deren Lektüre dem LG empfohlen wird).

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 7/2022, S. 315 - 316

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