Die Entscheidung ist m.E. in beiden Punkten unzutreffend.

1. Das LG zitiert zutreffend die Rspr. des BGH, wonach eine wirksame Forderungsabtretung voraussetzt, dass die abgetretene Forderung wenigstens bestimmbar gewesen ist. Warum es daran fehlen soll, erschließt sich nicht. Der Rechtsanwalt bezieht sich bei seinem Erstattungsantrag auf eine "anbei liegende Vollmacht mit Abtretung". In der Vollmacht geht es dann um die Beauftragung und Vertretung des Betroffenen mit dessen Verteidigung/Vertretung in dem Verfahren "696/OWi pp." wegen "Kostenfestsetzung, Geldempfang und Abtretung an RA pp.". Welche Forderung soll denn damit gemeint sein, wenn nicht die aus dem Verfahren wegen des potentiellen Verstoßes gegen die Corona-VO. I.Ü. geht es auch nicht um "eine Vertretung bei einer Abtretung einer eigenen Forderung durch den Abtretungsempfänger". Wie das LG darauf kommt, ist nicht nachvollziehbar. Man hat ein wenig den Eindruck, dass das LG möglicherweise gerade bei diesem Rechtsanwalt besonders strenge Anforderungen an die "Bestimmbarkeit" der abgetretenen Forderung stellt. Für den Verteidiger gilt aber unabhängig davon: Er sollte bei einer Abtretung auf klare Formulierungen achten. Damit vermeidet man solche Beschlüsse wie den des LG Braunschweig. "

2. Ebenfalls unzutreffend sind die Ausführungen des LG zur Gebührenbemessung. Diese kranken schon daran, dass das LG den falschen Maßstab zugrunde legt. Auszugehen ist nämlich auch im Bußgeldverfahren von der Mittelgebühr (Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Teil A Rn 56 ff.). Auf der Grundlage sind dann die Umstände des Einzelfalls heranzuziehen. Dabei hat dann m.E. die Schwierigkeit des Verfahrens so erhebliches Gewicht, dass – selbst wenn die anderen Umstände unterdurchschnittlich wären, was sie nicht sind – dass die geringfügige Überschreitung der Mittelgebühr gerechtfertigt gewesen wäre. Denn zum Zeitpunkt der Beauftragung des Verteidigers haben, was das LG Braunschweig geflissentlich übersieht, die beiden erwähnten Entscheidungen des AG Stuttgart und des AG Reutlingen noch nicht vorgelegen. Es gab auch noch keine OLG-Rspr. zu der Problematik, sodass die anstehenden Rechtsfragen eben doch "nicht ausgetragen" waren und eine umfassende Auseinandersetzung auch mit der verfassungsrechtlichen Problematik erforderten. Das mag heute nach einem Jahr "Pandemie-Rspr." anders sein. Im Frühjahr 2020 waren diese Fragen jedenfalls Neuland.

3. Fazit: Gewogen und zu leicht befunden.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 7/2021, S. 311 - 313

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