I. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des AG.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.

II. 1.) Die Beschwerde ist nach § 68 Abs. 1 S. 1 GKG statthaft und auch i.Ü. zulässig. Insbesondere ist die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 S. 1 GKG sowie § 68 Abs. 1 S. 3 GKG). Mit der Beschwerde wird eine Beschwer in eigenen Rechten geltend gemacht. Zudem übersteigt die Beschwerde den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 EUR (vgl. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG).

2.) Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Beschwerde wendet sich gegen die Entscheidung des AG, keinen Mehrwert des Vergleichs festgesetzt zu haben. Die Entscheidung des AG ist jedoch zutreffend.

Die Festsetzung eines Mehrwerts bei einem Räumungsvergleich für den Verzicht auf Räumungsschutzanträge nach den §§ 721, 794a ZPO kommt nicht in Betracht. Allerdings wird in der Rspr. vertreten, dass einem Verzicht auf Räumungsschutzanträge ein eigener Mehrwert zukomme, da es sich bei dem Räumungsschutzantrag um einen werthaltigen, prozessualen Anspruch handele, der mithin bei der Bemessung des Streitwertes selbstständig in Ansatz zu bringen sei (so OLG Düsseldorf BeckRS 2009, 23459, Rn 18; OLG Stuttgart BeckRS 2012, 5924; AG Saarbrücken BeckRS 2016, 2985). Dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen.

Der Wert eines Vergleichs ergibt sich – wie das AG zutreffend ausgeführt hat – aus dem Wert der rechtshängigen und nichtrechtshängigen Ansprüche, die erledigt werden, nicht aus dem Wert dessen, was die Parteien durch den Vergleich erlangen oder welche Leistungen sie zum Zwecke der Erledigung der Streitpunkte übernehmen. Der Streitwert eines Vergleichs ist – anders ausgedrückt – gleichbedeutend mit dem Wert der Streitgegenstände, die durch den Vergleich beigelegt wurden. Er ist nicht gleichbedeutend mit dem Wert der Leistungen, die sich die Parteien in dem Vergleich im Wege des gegenseitigen Nachgebens gegenseitig versprechen. Dabei muss es sich – wie schon der Begriff "Streitgegenstand" nahelegt – bei den wertbestimmenden Gegenständen um "streitige Gegenstände" handeln. Es muss sich – was den Mehrwert anbelangt – um die Ausdehnung des Vergleichs auf bereits rechtshängige oder "nichtrechtshängige Streitgegenstände" bzw. "die Miterledigung anderer Streitpunkte" handeln.

Daran gemessen ist ein überschießender Mehrwert des Vergleichs nicht festzusetzen. Die Parteien haben lediglich über den rechtshängigen Räumungsanspruch gestritten einschließlich des von dem Beklagten geltend gemachten Sozialanspruchs nach den §§ 574 ff. BGB und dem Begehren auf Vollstreckungsschutz (vgl. zu beidem den Schriftsatz des Beklagten v. 5.12.2019), den die Beschwerdekammer als Räumungsschutzantrag i.S.v. § 721 ZPO verstanden hat. Diesen Streitgegenstand hat das AG zutreffend mit dem 12-fachen Wert der Nettokaltmiete auf 4.200,00 EUR bewertet (vgl. 41 Abs. 1 S. 1 GKG). Der von dem Beklagten geltend gemachte Sozialanspruch nach den §§ 574 ff. BGB sowie der Räumungsschutzantrag erhöhen diesen Streitwert nicht. Für die Geltendmachung des Sozialanspruchs nach den §§ 574 ff. BGB ist in § 41 Abs. 3 GKG ausdrücklich festgeschrieben, dass die Werte nicht zusammengerechnet werden, wenn sie in demselben Prozess geltend gemacht werden. So liegt es hier.

Ebenso ist der unselbstständige Antrag auf Bewilligung einer Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1 ZPO im Rahmen eines Räumungsrechtsstreits weder bei der Bewilligung noch bei der Zurückweisung des Räumungsschutzantrages streitwerterhöhend zu berücksichtigen (AG Hamburg BeckRS 2016, 12237; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, 14. Aufl., 2019, § 721 ZPO, Rn 48; Ulrici, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK, 35. Edition, Stand: 1.1.2020, § 721 ZPO, Rn 21). Bei der Verteilung der Kosten des Räumungsrechtsstreits bleibt eine Entscheidung über einen Räumungsfristantrag ebenfalls unberücksichtigt (AG Hamburg BeckRS 2016, 12237; Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, 14. Aufl., 2019, § 721 ZPO, Rn 48; Ulrici, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK, 35. Edition, Stand: 1.1.2020, § 721 ZPO, Rn 21). Denn für die Frage einer Zusammenrechnung von Ansprüchen – hier: Klageantrag und das gegnerische Räumungsschutzbegehren – kommt es für eine Streitwertbemessung nicht auf eine rechtliche Betrachtung anhand von Streitgegenständen, sondern auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an. Insofern ist es unerheblich, dass der Antrag nach §§ 721, 794a ZPO rechtlich das Bestehen eines Räumungsanspruchs voraussetzt. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist vorrangig vielmehr, dass das Räumungsschutzbegehren i.S.v. §§ 721, 794a ZPO wie der Antrag auf Abweisung der Räumungsklage gleichermaßen darauf gerichtet ist, die Räumung – wenn auch nur zeitweise – zu verhindern

Zu keinem anderen Ergebnis würde es führen, wenn der Schriftsatz des Beklagten v. 5.12.2019 nicht als Räumungsschutzantrag nach § 721 ZPO zu verstehen wäre, ein solcher Antrag also bisher nicht anhängig wäre. Dann würde e...

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