Die Billigkeitserwägungen, die das OLG seiner Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache zugrunde gelegt hat, sind nachvollziehbar, auch von dem ihm möglichen Ermessen getragen und deshalb das Ergebnis zutreffend und nicht zu beanstanden. So kann es zumindest gerechtfertigt und von Ermessen getragen sein, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wenn der Unterhaltssache von Beginn des Verfahrens an die Erfolgsaussicht wegen Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners gefehlt hat. Allerdings könnte auch das gegenteilige Ergebnis ein von einem sachgerechten Ermessen getragenes Vorgehen und als gerechtfertigt anzusehen sein, ausgehend davon, dass der Unterhaltsschuldner darlegungs- und beweispflichtig für seine Leistungsunfähigkeit ist, insoweit es um die Zahlung des Mindestunterhalts minderjähriger oder privilegiert volljähriger Kinder geht. Die Entscheidung des OLG ist im Ergebnis aber deshalb richtig, weil ihr nachvollziehbare Ermessenserwägungen zugrunde liegen.

Warum das OLG ohne Not über § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG § 91a ZPO als Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung heranzieht und damit den dogmatisch richtigen Weg verlassen hat, versucht es zwar durch Darstellung einer vermeintlich wegweisenden Paragraphenkette, im Ergebnis aber nicht überzeugend herzuleiten.

Für die Kostenentscheidung in Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG (Familienstreitsachen) wären an sich gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG die §§ 91 ff. ZPO anzuwenden, wenn es nicht § 243 FamFG gäbe. Insoweit ist abweichend von den §§ 91 ff. ZPO in § 243 FamG eine Sonderregelung enthalten, wonach das Gericht eine Billigkeitsentscheidung zu treffen hat. § 243 S. 1 FamFG bestimmt nämlich, dass das Gericht über die Kostenverteilung in Unterhaltssachen nach billigem Ermessen entscheidet. Hierbei sind insbesondere, das heißt z.B.

  das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten einschließlich der Dauer der Unterhaltsverpflichtung,
  der Umstand, dass ein Beteiligter vor Beginn des Verfahrens einer Aufforderung des Gegners zur Erteilung der Auskunft und Vorlage von Belegen über das Einkommen nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, es sei denn, dass eine Verpflichtung hierzu nicht bestand,
  der Umstand, dass ein Beteiligter einer Aufforderung des Gerichts nach § 235 Abs. 1 innerhalb der gesetzten Frist nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, sowie
  ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 ZPO

zu berücksichtigen.

§ 243 S. 1 FamFG ermöglicht eine Kostenentscheidung auch für den Fall, dass die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Eines Rückgriffs auf § 91a ZPO bedarf es daher nicht, zumal auch insoweit Ermessen gefordert ist. Der Gesetzgeber hat die wesentlichen Kostenvorschriften der ZPO als zu berücksichtigende Gesichtspunkte in § 243 S. 2 FamFG bereits aufgezählt. Eine Notwendigkeit, bei der Kostenentscheidung unmittelbar auf die ZPO abzustellen, besteht nicht. Auch für den Fall des Abschlusses eines Vergleichs findet sich in § 243 FamFG eine Regelung. Insoweit ist insbesondere das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen einschließlich der Dauer der Unterhaltsverpflichtung, eine unterbliebene oder verspätete Auskunft des Unterhaltsschuldners oder auch ein sofortiges Anerkenntnis des Schuldners zu berücksichtigen. Bei der Kostenentscheidung in Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG ist daher ausschließlich auf § 243 FamFG abzustellen.

Rechtsanwältin u. FAFamR Lotte Thiel, Koblenz

AGS 7/2013, S. 358 - 359

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