Die Entscheidung ist unzutreffend.

Ob die isolierte Drittwiderklage zulässig ist oder nicht, spielt keine Rolle. Solange das Gericht im Verfahren über die Klage auch über die (unzulässige) Drittwiderklage entscheidet, bleibt es eine einzige Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG, so dass die Gebühren nur einmal anfallen.

Da Klage und Widerklage hier denselben Gegenstand betrafen, greift das Additionsverbot des § 45 Abs. 1 GKG, so dass die Gebühren nur aus dem einfachen Streitwert abzurechnen waren.

Anders hätte es sich verhalten, wenn das Gericht die isolierte Drittwiderklage nicht als Widerklage behandelt, sondern als eigene Klage – gegebenenfalls nach Trennung – behandelt hätte. Das ist aber nicht geschehen.

Für die Streitwertfestsetzung kommt es nicht auf die Zulässigkeit an, sondern auf den tatsächlichen Ablauf. Solange verschiedene Gegenstände im selben Verfahren behandelt werden, handelt es sich um eine Angelegenheit. Werden mehrere Gegenstände in getrennten Verfahren geführt, obwohl dies nicht zulässig ist, bleibt es bei mehreren Verfahren. Hier kommt nur die Möglichkeit in Betracht, Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben.

 

Beispiel

In Verbundverfahren wird als "Folgesache" ein isolierter Auskunftsantrag gestellt. Das Gericht übersieht, dass isolierte Auskunftsanträge nicht verbundfähig sind, unterlässt eine Abtrennung und entscheidet.

Der Wert der "Scheinfolgesache" ist dem Wert der Ehesache hinzuzurechnen. Dass der Antrag insoweit unzulässig war und dies nicht bemerkt worden ist, ist unerheblich.

 

Beispiel

Das FamG trennt den Versorgungsausgleich ab und trägt ihn als gesonderte Akte ein, weil es der Auffassung ist, es handele sich um ein neues Verfahren. Dabei übersieht das Gericht, dass abgetrennte Verfahren über den Versorgungsausgleich (ausgenommen in den Fällen des § 111 Art. 4 FGG ReformG) Folgesache im Verbund bleiben (§ 137 Abs. 5 FamFG).

Jetzt entstehen gesonderte Gebühren, weil das Gericht das Verfahren – wenn auch rechtswidrig – abgetrennt hat. Hier bleibt nur die Möglichkeit, die Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben.

 

Beispiel

Während des anhängigen Verfahrens über den Zugewinnausgleich wird ein isolierter Antrag auf Stundung des Zugewinns eingereicht.

Dieser isolierte Antrag ist unzulässig, da während der Anhängigkeit eines Zugewinnausgleichsverfahrens ein Stundungsverlangen nur im sog. kleinen Amtsverbund zulässig ist. Ungeachtet dessen entstehen die Gebühren jedoch gesondert.

Im Übrigen ist es ansonsten einhellige Rechtsprechung, dass

  Klage und Widerklage[1]
  Klage und Drittwiderklage[2]

stets eine einzige Angelegenheit sind.

Inzidenter hat der BGH diese Frage auch bereits entschieden, nämlich im Rahmen der Anrechnung. Der BGH geht sogar noch einen Schritt weiter und geht davon aus, dass es sich bei den abgetretenen Ansprüchen und bei den Ansprüchen vor Abtretung um denselben Gegenstand handelt.[3]

Norbert Schneider

AGS 7/2013, S. 324 - 326

[1] OLG Bamberg JurBüro 1978, 866; LG Düsseldorf AGS 2010, 321.
[2] OLG München AnwBl 1995, 47 = JurBüro 1995, 138 = OLGR 1995, 12 = KostRsp. BRAGO § 13 Nr. 105 m. Anm. Herget.

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