RVG VV Nrn. 1000, 1003; RVG § 48

Leitsatz

  1. Die Entstehung einer Einigungsgebühr setzt auf beiden Seiten ein Mindestmaß an Nachgeben voraus, das sich aber nicht notwendigerweise auf das streitige Rechtsverhältnis beziehen muss.
  2. Eine Einigungsgebühr im Sorgerechtsverfahren entsteht nicht, wenn die Einigung der Parteien nicht zu einer verbindlichen und verfahrensbeendenden Regelung des Sorgerechtsstreits führt.
  3. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein gerichtliches Sorgerechtsverfahren umfasst nicht den Abschluss eines Vergleiches zum gerichtlich nicht anhängigen Umgangsrecht.

OLG Celle, Beschl. v. 8.8.2008–17 WF 110/08 (Gründe veröffentlicht in AGS 2008, 543)

1 Anmerkung

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erstreckt sich nur auf die Gegenstände, für die die Prozesskostenhilfe bewilligt ist. Daher erstreckt sich eine Bewilligung in Sorgerechtsverfahren nicht auch auf Regelungen zum Umgang. Hier muss für den Mehrvergleich gesondert Prozesskostenhilfe beantragt und bewilligt werden.

Lediglich in einer Ehesache erstreckt sich die bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf eine Folgenvereinbarung betreffend elterliche Sorge oder Umgangsrecht (§ 48 Abs. 3 RVG). Für sonstige Familiensachen gilt diese Vorschrift jedoch nicht.

Die Auffassung, dass eine "Zwischeneinigung" nicht die Einigungsgebühr auslöse, entspricht der Rechtsprechung, ist meines Erachtens aber gleichwohl nicht zutreffend. Soweit die Parteien eine Zwischeneinigung treffen, kann darin durchaus für einen bestimmten Zeitraum oder für bestimmte Modalitäten eine endgültige Regelung liegen, so dass die Einigungsgebühr – gegebenenfalls nach einem geringeren Wert – anfällt.

Aus Nr. 1000 VV ergibt sich jedenfalls nicht, dass eine Einigungsgebühr nur dann anfällt, wenn das Verfahren damit endgültig erledigt ist. So ist z.B. anerkannt, dass eine Einigungsgebühr auch dann anfällt, wenn die Parteien sich nur zum Grund des Anspruchs einigen, nicht aber auch zur Höhe.

Anmerkung

Zu beachten ist, dass das RVG ab dem 1.9.2009 ergänzende Regelungen für eine Einigungsgebühr in Kindschaftssachen enthalten wird:

Anm. Abs. 5 S. 3 zu Nr. 1000 VV n.F.: "... In Kindschaftssachen ist Absatz 1 Satz 1 auch für die Mitwirkung an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, entsprechend anzuwenden."

Anm. Abs. 2 zu Nr. 1003 VV n.F.: "(2) In Kindschaftssachen entsteht die Gebühr auch für die Mitwirkung am Abschluss eines gerichtlich gebilligten Vergleichs (§ 156 Abs. 2 FamFG) und an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder wenn die Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt."

Damit wird die Streitfrage beseitigt, ob in Sorgerechts- und Umgangsrechtsverfahren, in denen ein verbindlicher Vertrag nicht geschlossen werden kann, dennoch eine Einigungsgebühr anfallen kann.

Norbert Schneider

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