Die Entscheidung des LG Freiburg befasst sich augenscheinlich auf den ersten Blick nur mit dem Formularzwang. Betrachtet man die Entscheidung genauer, werden aber auch das Thema "Einigungsgebühr" und deren Anfall sowie das Thema "Angelegenheit" weiter entschieden.

1. Einigungsgebühr

Ergibt sich aus der Tätigkeit der Beratungsperson eine (außergerichtliche) Einigung gem. Nr. 1000 VV oder eine Erledigung der Rechtssache gem. Nr. 1002 VV, entsteht eine Gebühr gem. Nr. 2508 VV i.H.v. 165,00 EUR. Es handelt sich dabei um eine neben den Gebühren Nrn. 2501–2507 VV mögliche zusätzliche Erfolgsgebühr, d.h. sie ist auch neben der Beratungsgebühr möglich, Vorbem. 1 VV. Endgültig fehlgeschlagene Einigungsverhandlungen – oder eine reine Anerkenntnis – lösen die Einigungsgebühr nicht aus, sie entsteht erst durch Erfolg. Zwar zog der Ruhestörer im vorliegenden Fall aus, dies geschah aber nach Sachverhalt freiwillig und ohne kausale Mitwirkung der Beratungsperson. Auch eine Erledigung ist darin nicht zu sehen. Zwar hat sich final das Problem "erledigt". Eine Erledigungsgebühr entsteht jedoch nicht in privatrechtlichen Sachverhalten, sondern nur in öffentlich-rechtlichen. Gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 1000 VV entsteht die Einigungsgebühr, wenn der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Vertrages unter Mitwirkung der Beratungsperson beseitigt wird; es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein vollständiges Anerkenntnis oder einen Verzicht. Eine Ungewissheit ist dann zu bejahen, wenn sich die Parteien über die Rechtslage im Unklaren sind. Vorliegend wurde das "Rechtsproblem" der Ruhestörung und die damit verbundenen Fragen gerade nicht gelöst, sondern erledigten sich faktisch auf andere Weise. Die Einigungsgebühr honoriert, dass mit der Einigung die Beratungsperson eine besondere Verantwortung übernimmt, ihr Haftungsrisiko erhöht sowie die damit verbundene Tätigkeit und erzielte Einigung auch der Entlastung der Justiz und der Sicherung des Rechtsfriedens dient. Eine gütliche Einigung mindert dabei die Belastung der Gerichte und der zugrundeliegende Streit wird sehr oft viel besser im Interesse aller Beteiligten als durch eine gerichtliche Entscheidung beendet. Bei der Beurteilung des Entstehens der Einigungsgebühr kommt es dabei allein auf die subjektive Vorstellung der Beteiligten und nicht auf die eines Dritten an. Es ist auch unerheblich, ob die Parteien die Einigung als "Einigung" oder "Vertrag" bezeichnen oder sich darüber bewusst sind, dass sie eine Einigung i.S.d. Nr. 1000 VV getroffen haben. Wurde ein Vertrag dagegen als "Einigung" oder "Vertrag" bezeichnet, obwohl in Wahrheit kein einen Streit oder eine Ungewissheit beseitigender Vertrag geschlossen wurde, löst dies keine Einigungsgebühr aus. Von einem Vertrag ist dabei auszugehen, wenn die Parteien sich darüber verständigen, dass gewisse Unstimmigkeiten oder Ungewissheiten bestehen und dass der Streit durch ein gegenseitiges Entgegenkommen beendet wird. Voraussetzung ist daher eine "Übereinkunft" mit Rechtsbindungswillen. Gerade an letzterem fehlte es, denn ein Vertrag, eine "bindende" Regelung wurden nicht getroffen, stattdessen erledigte sich die Sache einseitig durch Auszug.

2. Angelegenheit

Das LG Freiburg befasste sich indirekt in seiner Entscheidung auch mit der Thematik "dieselbe Angelegenheit". Einen Hauptstreitpunkt bei der Beratungshilfe stellt die Beurteilung der Anzahl der Angelegenheit dar. Dieser Streit ist bislang weder entschieden noch obergerichtlich geklärt. Er ist einfach-rechtlich zu beurteilen und so bleibt es dabei, dass die verschiedenen Gerichte ein Füllhorn an Entscheidungen zum Thema Beratungshilfe entwickeln. Von Bedeutung ist die Frage der Angelegenheit deshalb, da sich dabei entscheidet, ob der Rechtsanwalt (bzw. die Beratungsperson) für den Mandanten einmal oder ggfs. mehrmals abrechnen kann. Die Begrifflichkeit der Angelegenheit ist insbesondere für die Beratungspersonen von immanenter Bedeutung. Durch eine – zulässige – zu strikte Auslegung kann es zu einer unzumutbaren Vergütung für den in der Beratungshilfe tätigen Berater kommen. Das Gerüst für die Beantwortung der Frage, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen, bilden folgende Punkte:

Gleichzeitigkeit und Einheitlichkeit des Auftrages,
Gleichartigkeit des Verfahrens (gleicher Rahmen),
Innerer Zusammenhang der Beratungsgegenstände.

Im entschiedenen Fall des LG Freiburg lag zwar ein und derselbe Lebenssachverhalt zugrunde, auch ein innerer Sachzusammenhang ist zu sehen. Aber letztlich entschied das LG sich – auch was die Frage des Anfalls einer potentiellen Einigungsgebühr angeht – gegen den Sachzusammenhang einer Angelegenheit zwischen "Ruhestörung" und "Mietminderung". Aus der Perspektive, dass der Rechtsuchende sich "gegen den Störer" wenden wollte, die einbehaltene Miete aus Minderung aber an den Vermieter adressiert ist, kann man diese Ansicht auch vertreten. Sachgerecht und in engem Zusammenhang betra...

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