1. Nachdem das Loveparade-Verfahren sein unrühmliches Ende gefunden hat, ist jetzt also das OLG Düsseldorf mit der gebührenrechtlichen Nacharbeit befasst. Es war damit zu rechnen, dass die Verteidiger/Nebenklagevertreter Anträge nach § 51 RVG stellen würden und es war ebenso damit zu rechnen, dass das OLG Düsseldorf damit restriktiv umgehen würde. Natürlich immer unter Hinweis auf die restriktive Rspr. des BVerfG, das den Pflichtverteidiger/Nebenklagebeistand/Zeugenbeistand für die Wahrnehmung seiner "im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe" – die "Ehrenpflicht" m.E. nicht ausreichend entlohnt. Ich erinnere nur an die Entscheidung des BVerfG zum Zeugenbeistand, den das BVerfG mit einer Gebühr nach Nr. 4301 VV i.H.v. 200,00 EUR abspeist, obwohl er an einer Vernehmung eines Zeugen, die an drei Hauptverhandlungsterminen über etwa 9,5 Stunden stattfand, teilgenommen hat. Dass da aus Düsseldorf nichts Gutes zu erwarten war, lag m.E. nach von dort bekannt gewordenen Pauschgebühr-Rspr. der letzten Jahre auf der Hand. War es doch das OLG Düsseldorf, das zunächst die sog. 500-Blatt-Formel“ propagiert hat (OLG Düsseldorf RVGreport 2016, 99 = StRR 2015, 359 = JurBüro 2015, 637 = Rpfleger 2015, 668; RVGreport 2016, 178; RVGreport 2016, 138), diesen Lichtblick in der Pauschgebühr-Rspr. dann aber sehr schnell – nach einem Wechsel im Senatsvorsitz – wieder kassiert hat (OLG Düsseldorf RVGreport 2017, 10; RVGreport 2017, 57; RVGreport 2018, 213). Von daher: Die Entscheidung überrascht nicht.

2. Was allerdings überraschend ist, wie schnell das OLG den Vortrag der Antragstellerin, sie habe 1.500 Stunden für die Einarbeitung gebraucht, vom Tisch wischt. Da reicht ein einfaches "Nicht nachvollziehbar" und der Hinweis auf die Gleichbehandlung mit anderen Antragstellern, der mich nun gar nicht überzeugt. Wenn man darauf abgestellt hätte, dass die Antragstellerin zu der höheren Einarbeitungszeit nicht ausreichend vorgetragen hat, könnte ich es noch verstehen, dass das OLG es bei den 40.000,00 EUR belässt. Nur zur Erinnerung: Das macht dann bei 1.000 Stunden, von denen das OLG ausgeht, einen Stundensatz von 40,00 EUR aus. Dafür würde ein Handwerker kaum tätig werden.

3. Hinsichtlich der Terminsgebühren kann man sicherlich streiten, ob die von der Antragstellerin geltend gemachte Pauschgebühr angemessen war, was sich ohne genaue Kenntnis der durchschnittlichen Hauptverhandlungsdauer kaum beurteilen lässt. Jedenfalls erscheint es mir zu kurz gegriffen, insoweit nur auf die Anzahl der Hauptverhandlungstage abzustellen und die Dauer der einzelnen Hauptverhandlungen überhaupt nicht in den Blick zu nehmen. Da hilft der Hinweis auf die "Längenzuschläge" nur wenig. Man hätte an der Stelle dann doch vielleicht ein paar Worte des OLG zur Frage des sog. Gesamtgepräges des Verfahrens erwartet. Das ist eine Überlegung, die bei anderen OLG schon eine Rolle gespielt hat (vgl. OLG Celle RVGreport 2011, 177 = StRR 2011, 240; OLG Hamm JurBüro 2007, 308; OLG Hamm, Beschl. v. 2.1.2007 – 2 (s) Sbd. IX 150/06). Geholfen hätte vielleicht auch ein Einmalbetrag oder eine Art "Übergangsgeld", der in der Rspr. des OLG Koblenz eine Rolle spielt (RVGreport 2017, 217; Beschl. v. 17.9.2019 und v. 19.12.2019 – 1 AR 97/19). Von alledem nichts, sondern nur kühle Rechnerei, warum die "Auslastung" nicht hoch genug war.

4. Man kann der Antragstellerin nur empfehlen, mit der Sache vielleicht doch nach Karlsruhe zu gehen und dem BVerfG Gelegenheit zu geben, seine Rspr. zu überdenken und vielleicht doch mal dafür zu sorgen, dass die Sonderopfer der Anwaltschaft in solchen Sachen nicht zu groß werden. Viel Hoffnung auf eine Änderung der Rspr. habe ich allerdings nicht.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 6/2021, S. 265 - 267

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