In bisherigen Abhandlungen, aber auch in gerichtlichen Entscheidungen zur elektronischen Antragstellung drehte sich alles in der Praxis bislang, soweit bekannt, nur um die banale Frage: "Und was ist mit dem Berechtigungsschein?". Diese stellte sich, wenn die die BerH leistende Beratungsperson ihren Antrag auf Vergütung mittels elektronischem Rechtsverkehr eingereicht hatte.

Hier wurde bereits auf die unterschiedlichen Ansichten hingewiesen.[1] Während das LG Saarbrücken[2] noch darauf bestand, dass der Original-Berechtigungsschein stets vorzulegen sei, sah dies das OLG Saarbrücken[3] wiederum anders. Das LG Ansbach[4] wiederum sah eine Pflicht zur Vorlage des Berechtigungsscheines. Mangels – soweit bekannt – weiterer einschlägiger Entscheidungen zeichnet sich also in der Praxis ein uneinheitliches Bild ab: Hinsichtlich der elektronischen Antragstellung besteht in der Praxis Meinungsstreit darüber, ob bei elektronischer Einreichung der Original-Berechtigungsschein mit vorgelegt werden muss oder nicht.[5] Wie in AGS 2020, 459 berichtet,[6] sieht das OLG Saarbrücken keine generelle Notwendigkeit einer Vorlage, sondern legt es im Einzelfall in die Ermessensentscheidung des zuständigen gerichtlichen Sachbearbeiters, ob er die Vorlage als Notwendigkeit sieht. Zwar – so das OLG Saarbrücken[7] richtig – wird allgemein angenommen, dass ein erteilter Berechtigungsschein stets im Original durch die Beratungsperson vorzulegen sei.[8] Letztlich folgt dieses Petitum in der Praxis aber nur einem Zweck: nämlich der Kontrolle und dem Vorbeugen von Missbrauch. Es soll dabei vermieden werden, dass ein Berechtigungsschein ggf. mehrfach verwendet und es dann bei Abrechnung zu Problemen kommen könnte.

Zusammenfassend "reduziert" sich das Bedürfnis der Vorlage des Originalscheines also auf ein zu beachtendes Sicherheitsbedürfnis zur Vermeidung einer sonst denkbaren Doppelabrechnung. Diesem Schritt wird in der schriftlichen Antragstellung noch durch Rückgabe des Originals gefolgt. Dem vorgenannten Sicherheitsbedürfnis kommt man damit sehr nahe, in Zeitalter von hochwertigen Farbdruckern lässt sich aber auch hier bereits ein Missbrauch nicht vollständig vermeiden. Mit einer entsprechenden Versicherung und Kenntlichmachung durch den Rechtsanwalt und/oder in den (elektronischen) gerichtlichen Akten wäre dieser Zweck aber wohl ebenfalls erreichbar. Folglich böten sich – auch im Rahmen der elektronischen Antragstellung – auch andere geeignete Mechanismen, die den Zweck greifbar machen. Im "Zweifelsfall" besteht zudem "jederzeit" die Option, das Original zu verlangen.[9]

Zusammenfassend zum aktuellen Stand:

bei schriftlicher Antragstellung: Rückgabe des Originals an das Gericht,[10]

bei elektronischer Antragstellung: Meinungsstreit

zwingend erforderlich,[11]
nicht zwingend erforderlich, aber im Ermessen des Gerichts.[12]
[1] Lissner, RVGreport 2020, 2 ff.
[2] LG Saarbrücken, Beschl. v. 28.8.2019 – 5 T 83/19.
[3] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.12.2019 – 9 W 30/19m RVGreport 2020, 116.
[4] LG Ansbach, Beschl. v. 19.2.2019 – 1 T 199/19 n.v.
[5] S. hierzu im Detail: Lissner, RVGreport 2020, 2 ff.; Ders., AGS 2020, 549 ff.
[6] AGS 2020, 459.
[8] Vgl. NK-GK/Stollenwerk, 2. Aufl., § 55 RVG Rn 9; Poller/Teubel/Köpf, Gesamtes Kostenhilferecht, 3. Aufl., 2018, § 55 RVG Rn 22; Lissner/Dietrich/Schmidt, Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 3. Aufl., Rn 344.
[9] Lissner, RVGreport 2020, 2 ff.; Ders., AGS 2020, 549 ff.
[10] Das angedachte Ziel der Kontrolle könnte aber auch hier anderweitig erreicht werden.
[11] LG Ansbach, Beschl. v. 19.2.2019 – 1 T 199/19 n.v.; LG Saarbrücken, Beschl. v. 28.8.2019 – 5 T 83/19.

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