Die Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung ist zulässig. Der Erinnerungsführer ist den Klägern des Ausgangsverfahrens durch Beschluss des Gerichts beigeordnet worden und daher zur Erhebung des Rechtsbehelfs berechtigt.

Die Erinnerung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

Die angegriffene Vergütungsfestsetzung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist abzuändern, da sie die Vergütung des Erinnerungsführers zu niedrig festsetzt. Dem Erinnerungsführer steht gegen die Staatskasse für seine Tätigkeit als beigeordneter Rechtsanwalt in dem Verfahren vor dem SG ein Vergütungsanspruch i.H.v. insgesamt 178,50 EUR zu. Zwar hat er in seinem Festsetzungsantrag die Höhe der Gebühren für das Ausgangsverfahren nicht in rechtmäßiger und billiger Weise bestimmt. Sie sind aber in größerer Höhe entstanden, als die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle meint.

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Bei dem Ausgangsverfahren handelt es sich um ein Klageverfahren mit kostenprivilegierten Beteiligten i.S.v. § 183 S. 1 SGG (auf Klägerseite), sodass die Anwendung des GKG gem. § 197a Abs. 1 S. 1 SGG ausscheidet.

Die Maßstäbe zur Bestimmung der angemessenen Gebühr lassen sich der Regelung des § 14 RVG entnehmen. Bei der Bestimmung der konkreten Gebühr sind nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG alle Umstände des Einzelfalls, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers zu berücksichtigen. Bei den hier einschlägigen Betragsrahmengebühren ist außerdem das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 S. 3 RVG). Nach der Systematik der Betragsrahmengebühren ist in der Praxis im "Normalfall" zunächst von der Mittelgebühr auszugehen.

Was die Höhe der unproblematisch entstandenen Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV angeht, ist die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zutreffend davon ausgegangen, dass die Bestimmung durch den Erinnerungsführer, der sich hier an der Mittelgebühr (300,00 EUR) orientiert hat, unbillig ist. Entsprechend der Ansicht des Erinnerungsgegners lässt sich das Ausgangsverfahren nicht als durchschnittlicher sozialgerichtlicher Rechtsstreit beurteilen. Die vorgenommene Kürzung auf die Mindestgebühr erscheint der Kammer jedoch nicht gerechtfertigt. Denn es sind immer noch Klageverfahren denkbar, die geringere Anforderungen an den Rechtsanwalt stellen als das Ausgangsverfahren.

In Ansehung der oben genannten Kriterien des § 14 RVG sprechen der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger des Ausgangsverfahrens, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse und das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts für die Einschätzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, die auch dem Antrag des Erinnerungsgegners zugrunde liegt. Denn der Streitgegenstand des Klageverfahrens beschränkte sich auf eine Einmalzahlung i.H.v. 4,77 EUR. Auch unter Berücksichtigung der durch die Bewilligung von PKH und den Bezug von Grundsicherungsleistungen nachgewiesenen ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger des Ausgangsverfahrens stellt dies einen Bagatellbetrag dar. Der minimale Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ergibt sich für die Kammer aus dem Umstand, dass alle inhaltlichen Stellungnahmen des Erinnerungsführers im Ausgangsverfahren Platz auf einer DIN A4-Seite finden ebenso wie aus der Tatsache, dass das Klageverfahren nur etwa sechs Wochen anhängig war.

Etwas anderes gilt jedoch für die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die sich in rechtlicher Hinsicht als durchschnittlich einschätzen lässt. Denn die Durchsetzung des Klageanspruchs erschien trotz des aktenkundigen Sachverhalts nicht unproblematisch. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage war zu bedenken, ob bereits eine Verwaltungsentscheidung über den Zinsanspruch vorlag oder ob insoweit zunächst ein eigenständiges Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren durchzuführen war. Im Hinblick auf die Begründetheit der Klage war zu prüfen, ob die Frist für die Verzinsung des Sozialleistungsanspruchs mit dem Überprüfungsantrag oder mit dem ursprünglichen Leistungsantrag beginnt. Hierzu hat der Erinnerungsführer in der Klagebegründung unter Hinweis auf vorliegende Rspr. fundiert vorgetragen.

Nach alledem erscheint der Kammer eine Kürzung der Mittelgebühr um zwei Drittel für das Ausgangsverfahren angemessen. Beträgt damit die Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV 100,00 EUR, ergibt sich für die zweite Klägerin des Ausgangsverfahrens eine Erhöhungsgebühr gem. Nr. 1008 VV von 30,00 EUR.

Die zwischen den Beteiligten im vorliegenden Fall darüber hinaus streitige Terminsgebühr setzt nach der Vorbem. 3 VV grds. die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen oder außergerichtlichen Terminen voraus. Daran fehlt...

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