Wird der Anwalt vom Schuldner beauftragt, eine drohende Zwangsvollstreckung abzuwehren, so ist umstritten, welche Gebühren er hierfür erhält.

Das OLG Düsseldorf[1] ist davon ausgegangen, dass eine Geschäftsgebühr (damals § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) nicht entstehe, sondern dass es sich um eine Vorbereitungstätigkeit im Rahmen der Zwangsvollstreckung handele. In dem entschiedenen Fall hatte der Gläubiger die Zwangsversteigerung angedroht. Der Anwalt des Schuldners war beauftragt, eine Stundung auszuhandeln. Das Gericht hat insoweit eine Gebühr nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zugesprochen.

In einer weiteren Entscheidung[2] hat das LG Düsseldorf diese Auffassung bestätigt. In dem dortigen Fall war dem vermeintlichen Schuldner die Zwangvollstreckung angedroht worden. Der Anwalt hatte dann klargestellt, dass hier eine Namensverwechslung vorliege und der Mandant nicht der richtige Adressat sei.

Ebenso entschieden hat das OLG Hamm[3] für den Fall, dass der Beklagte nach Zustellung eines Versäumnisurteils und erfolgtem Einspruch um Abstandnahme von der Vollstreckung bittet.

Gleicher Auffassung ist offenbar Müller-Rabe,[4] der ebenfalls die Gebühr nach Nr. 3309 VV zusprechen will, wenn der Anwalt den Schuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren mit dem Ziel vertritt, die Durchführung der Zwangsvollstreckung zu verhindern.

Anders entschieden hatte das OLG Celle.[5] Es hat für die Abwehr einer drohenden Zwangsvollstreckung nicht eine Gebühr nach Nr. 3309 VV zugesprochen, sondern eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV. Auch hier ging es darum, eine Stundung und einen Vollstreckungsaufschub auszuhandeln.

Wie immer dürfte es entscheidend auf den Auftrag ankommen. Zu fragen ist also, wie der Anwalt des Schuldners die "drohende Vollstreckung" verhindern soll. Dabei muss gleichzeitig auf die möglichen gerichtlichen Schritte geblickt werden.

Soll der Anwalt Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung geltend machen, wären also im Falle einer gerichtlichen Inanspruchnahme zwangsvollstreckungsrechtliche Rechtsbehelfe zu ergreifen, insbesondere die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO, dann ist die Tätigkeit des Anwalts bereits der Zwangsvollstreckung zuzuordnen, so dass die Gebühr nach Nr. 3309 VV anfällt. Ebenso wie die Vollstreckungsandrohung für den Gläubigeranwalt als Vorbereitungshandlung i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG bereits die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV auslöst,[6] muss auch die Abwendung als Vorbereitungshandlung i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG angesehen werden.

 
Praxis-Beispiel

Der Gläubiger droht die Zwangsvollstreckung an. Der Schuldner beauftragt daraufhin einen Anwalt, der die Zwangsvollstreckung abwehren soll, weil es bislang an der Vollstreckungsklausel fehlt.

Diese Einwendung des Schuldners wäre im gerichtlichen Verfahren mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO geltend zu machen, die nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 RVG mit zur Vollstreckungsangelegenheit zählt. Daher ist die Abwehrtätigkeit bereits eine der Zwangsvollstreckung zuzuordnende Maßnahme und löst eine die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV aus.

Gleiches gilt, wenn die vorgerichtliche Vertretung darauf zielt, außergerichtlich bereits dem Schuldner zustehende Schutzrechte durchzusetzen.

 
Praxis-Beispiel

Das Girokonto des Schulnders ist gepfändet. Es geht eine Gehaltszahlung ein, deren Freigebe der Anwalt erreichen soll.

Im gerichtlichen Verfahren wäre ein Antrag nach § 850k ZPO zu stellen. Die außergerichtliche Vertretung zählt daher bereits zur Zwangsvollstreckung und löst die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV aus.

 
Praxis-Beispiel

Gegen den Schulnder ist ein Räumungsurteil ergangen. Der Anwalt soll eine Räumungsfrist erreichen, da sich der Bezug der neu angemieteten Wohnung verzögert.

Im gerichtlichen Verfahren wäre ein Antrag nach § 765a ZPO zu stellen. Die außergerichtliche Vertretung zählt daher bereits zur Zwangsvollstreckung und löst die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV aus.

Anders verhält es sich, wenn der Anwalt für den Schuldner materiell-rechtliche Einwände geltend machen soll. Dann handelt es sich nicht um eine vollstreckungrechtliche Tätigkeit, so dass nicht Nr. 3309 VV, sondern Nr. 2300 VV greift.

 
Praxis-Beispiel

Der Gläubiger droht dem Schuldner die Zwangsvollstreckung an. Der Anwalt des Schuldners soll die Zwangsvollstreckung abwehren, weil die titulierte Forderung zwischenzeitlich durch Aufrechnung erloschen sei.

In diesem Fall wendet sich der Schuldner nicht gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung, sondern gegen den titulierten Anspruch. Im gerichtlichen Verfahren wäre hier die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO gegeben, nicht aber ein vollstreckungsrechtlicher Rechtsbehelf. Daher greift in einem solchen Fall nicht die Gebühr nach Nr. 3309 VV. Hier kommt es auf den Auftrag an.

  • Soll der Anwalt des Schuldners zunächst außergerichtlich tätig werden, so fällt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV an.
  • Hatte der Anwalt des Schuldners bereits den Auftrag für eine Vollstreckungsabwehrklage, soll er aber zuvor dem Gläubig...

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