Nach diesen Maßstäben stehe dem Antragsteller die Pauschgebühr nur im tenorierten Umfang zu.

1. Gesetzliche Gebühren

Die gesetzlichen Gebühren des Antragstellers für seine nach Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitte 1 und 2 VV erfassten Tätigkeiten bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens bei einem nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten betragen insgesamt 393,00 EUR, die sich aus der Grundgebühr (Nrn. 4100, 4101 VV) i.H.v. 216,00 EUR und der Verfahrensgebühr (Nrn. 4104, 4105 VV) i.H.v. 177,00 EUR zusammensetzen. Darüber hinaus sei nach Unterabschnitt 5 eine bislang nicht geltend gemachte, als Wertgebühr der Festsetzung einer Pauschgebühr nicht zugängliche (§ 51 Abs. 1 S. 2 RVG) Gebühr für das Einziehungsverfahren (Nr. 4142 VV) i.H.v. 447,00 EUR entstanden.

2. (Nur) Verdoppelung der Verfahrensgebühr

Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Pflichtverteidigers in seinem Antrag und den ihm zur Kenntnis gebrachten Erwägungen der Staatskasse rechtfertige die Strafsache eine Vergütung, die die bezeichneten gesetzlichen Gebühren übersteige. Das Schwergewicht der Arbeit des Pflichtverteidigers liege in der erstmaligen Einarbeitung in die Ermittlungsakten, die mit etwa 6.600 Seiten deutlich über dem üblichen Umfang derartiger Verfahren gelegen haben. Insoweit stelle das Studium umfangreicher Akten im Ermittlungsverfahren ein wesentliches Indiz für das weit überdurchschnittliche Ausmaß dar (vgl. BT-Drucks 15/1971, 201). Auch wenn die reine Blattzahl allein nicht ausschlaggebend für die Bemessung des tatsächlich erbrachten und mithin zu vergütenden Tätigkeitsumfanges sei, so sei gleichwohl in den Blick zu nehmen, dass dem Verfahren insoweit eine Vielzahl von Betrugsfällen zugrunde gelegen habe, was zugleich mit einem nicht unerheblichen Besprechungsbedarf mit dem Beschuldigten einhergegangen sei.

Vor diesem Hintergrund erscheine es angebracht, anstelle der gesetzlichen Verfahrensgebühr nach Nrn. 4104, 4105 VV das Doppelte derselben, mithin 354,00 EUR anzusetzen (vgl. zur Verdopplung in vergleichbaren Fällen etwa OLG Oldenburg, Beschl. v. 24.6.2020 – 1 ARs (KostR) 5/20 [n.v.]). Die Gewährung einer höheren Pauschvergütung und – wie ebenfalls beantragt – eine gleichzeitige Erhöhung auch der gesetzlichen Gebühr des Antragstellers für seine nach Nrn. 4100, 4101 VV erfasste Tätigkeit sei hingegen nicht in Betracht gekommen. Denn im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung (vgl. KG, Beschl. v. 2.10.2015 – 1 ARs 26/13, RVGreport 2016, 16) sei es angemessen und ausreichend erschienen, den Zeitaufwand insbesondere bezüglich der Einarbeitung in die Ermittlungsakten lediglich mit der Erhöhung der Verfahrensgebühr abzugelten (vgl. Senat, a.a.O.).

3. Besuche in der JVA

Daran könne auch der durch die Besuche des Mandanten in den beiden Justizvollzugsanstalten entstandene Aufwand des Antragstellers nichts ändern. Denn – entgegen dessen Auffassung – habe das BVerfG (Beschl. v. 20.3.1997 – 2 BvR 51/07, AGS 2007, 504 = RVGreport 2007, 263 = NJW 2007, 3420; ähnlich BGH, a.a.O.) sehr wohl den gebührenrechtlichen Ansatz, wonach der dahingehende Aufwand zum einen durch den – beim nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten gesetzlich verankerten – Zuschlag zu den jeweils entstehenden Gebühren (hier: Nrn. 4101, 4105 VV) und zum anderen durch den Anspruch auf Erstattung der entstandenen Fahrtkosten nach Nr. 7003 VV sowie auf Zahlung eines Tages- und Abwesenheitsgeldes nach Nr. 7005 VV angemessen vergütet werde, gerade nicht als verfassungswidrig beanstandet.

4. "Stundenlohn"

Sofern der Antragsteller schließlich Überlegungen zu seinem Stundenlohn anstelle, könne er damit ebenfalls nicht durchzudringen. Denn der Frage, welcher anwaltliche Stundensatz auskömmlich und zur Kostendeckung erforderlich sei, komme für die Beurteilung, ob dem Verteidiger die gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren i.S.v. § 51 Abs. 1 S. 1 RVG zumutbar seien, keine erhebliche Bedeutung zu (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.6.2014 – 2 ARs 96/13 = RVGreport 2015, 98; OLG Oldenburg, Beschl. v. 24.10.2018 – 1 ARs (KostR) 8/18 und vom 18.5.2022 – 1 ARs (KostR) 2/22 m.w.N. [jew. n.v.]).

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