§ 33 RVG; §§ 49, 49a, 71 Abs. 1 S. 2 GKG; § 3 ZPO; § 48 Abs. 5 WEG

Leitsatz

Ist eine Beschlussanfechtungsklage vor dem 1.12.2020 bei Gericht anhängig geworden, bemisst sich der Streitwert analog § 48 Abs. 5 WEG auch für nach diesem Zeitpunkt eingelegte Rechtsmittel nach § 49a GKG a.F. und nicht nach § 49 GKG. Die (allgemeine) Übergangsvorschrift des § 71 Abs. 1 S. 2 GKG ist insoweit nicht anwendbar.

BGH, Beschl. v. 30.9.2021 – V ZR 258/20

I. Sachverhalt

Eine aus 16 Wohneinheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft in Bergisch Gladbach fasste mehrere Beschlüsse betreffend die Beseitigung mehrerer Mängel an dem Objekt. Die Beschlüsse wurden durch vier Wohnungseigentümer mit der beim AG Bergisch Gladbach im Jahr 2014 erhobenen Anfechtungsklage angefochten. Das AG Bergisch Gladbach hat drei der Beschlüsse für ungültig erklärt, die Beschlussanfechtungsklage i.Ü. abgewiesen und die Kosten zwischen den Klägern und den Beklagten anteilig verteilt. Das LG Köln hat im Jahr 2020 die hiergegen von dem Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat das LG nicht zugelassen. Hiergegen haben die Beklagten sich mit der beim BGH am 3.12.2020 beim BGH eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerde gewandt. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 EUR nicht übersteigt.

Ferner hat der BGH den für die Berechnung der Anwaltsgebühren der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren tätig gewesenen Prozessbevollmächtigten maßgeblichen Gegenstandswert festgesetzt.

II. Festsetzung des Gegenstandswertes

1. Maßgebliche Vorschrift

Der BGH hat für die Festsetzung des Gegenstandswertes auf § 49a Abs. 1 GKG a.F. zurückgegriffen. Danach ist der Streitwert auf 50 Prozent des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen (§ 49a Abs. 1 S. 1 GKG a.F.). Er darf nach S. 2 dieser Vorschrift das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten. In keinem Fall darf der Streitwert den Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen übersteigen (§ 49a Abs. 1 S. 3 GKG a.F.). Wenn sich eine Klage gegen einzelne Wohnungseigentümer richtet, darf der Streitwert nach § 49a Abs. 2 S. 1 GKG a.F. das Fünffache des Wertes ihres Interesses sowie des Interesses der auf ihrer Seite Beigetretenen nicht übersteigen.

Die diese den Streitwert in Wohnungseigentumssachen regelnde Vorschrift des § 49a GKG a.F. ist allerdings nur bis zum 30.11.2020 gültig. In Folge des Inkrafttretens des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes zum 1.12.2020 wurde diese Regelung durch § 49 GKG in der ab 1.12.2020 geltenden Fassung ersetzt. Danach ist der Streitwert bei Beschlussklagen nach dem WEG auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen. Er darf den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen sowie den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums nicht übersteigen.

2. Übergangsrecht

Vorliegend war die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten beim BGH am 3.12.2020 und damit nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes eingegangen. Für die Übergangsfälle trifft § 71 GKG eine für das Gerichtskostengesetz eigenständige Übergangsregelung. In § 71 Abs. 1 S. 1 GKG ist bestimmt, dass in Rechtsstreitigkeiten, die vor Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, die Kosten nach bisherigem Recht erhoben werden. Dies gilt nach § 71 Abs. 1 S. 2 GKG nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist. Da hier die Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH nach dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes eingegangen war, gilt an sich nach der vorstehend wiedergegebenen Übergangsregelung des § 71 Abs. 1 GKG das neue Streitwertrecht, mithin § 49 GKG in der ab 1.12.2020 geltenden Fassung.

3. Keine Anwendung der allgemeinen Übergangsvorschrift des § 71 Abs. 1 S. 2 GKG

Nach Auffassung des BGH wird diese allgemeine Übergangsvorschrift des § 71 Abs. 1 S. 2 GKG verdrängt. Der BGH vertritt die Auffassung, dass sich der Streitwert entsprechend § 48 Abs. 5 WEG auch für die nach dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes eingegangenen Rechtsmittel nach § 49a GKG a.F. bestimmt. In § 48 Abs. 5 WEG ist geregelt, dass für die bereits vor dem 1.12.2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die Vorschriften des dritten Teils des WEG in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden sind. Der dritte Teil des WEG erfasst in seinen §§ 43 bis 45 WEG Verfahrensvorschriften.

Für seine Auffassung hat der BGH folgende Kriterien herangezogen.

a) Wortlaut des § 49 GKG

Für die Anwendung des bisherigen Streitwertrechts spricht nach Auffassung des BGH bereits der Wortlaut des § 49 GKG. Dieser treffe eine Regelung für die Bestimmung des Streitwertes (nur) für "Verfahren nach § 44 Abs. 1 des Wohnungseige...

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