Das vorläufige Zahlungsverbot als Kosten- und Haftungsfalle für den Gläubiger?

Das vorläufige Zahlungsverbot gem. § 845 ZPO ist in der Praxis ein gängiges Instrument, kurzfristig und auch ggfs. ohne die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt zu haben, schuldnerische Vermögenswerte, wie bspw. pfändbares Arbeitseinkommen, Kontoguthaben, etc. zu arrestieren.

Oftmals wird jedoch in der Praxis nicht an die kosten- und haftungsrelevanten Folgen gedacht und eine aktuelle Entscheidung des AG Heilbronn[1] gibt Anlass, sich damit nochmals genauer und kritisch zu befassen.

Ausgangsfall der Entscheidung

Am 11.12.2015 ließ das Inkassounternehmen des Gläubigers an die Bank des Schuldners ein vorläufiges Zahlungsverbot zustellen. Die drittschuldnerische Bank teilte sodann mit Schreiben v. 22.12.2015 dem Inkassobüro des Gläubigers mit, dass eine Geschäftsverbindung mit dem Schuldner nicht mehr bestehe. Aufgrund dieser Erklärung der Drittschuldnerin verzichtete das Inkassounternehmen auf die Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, da diese offenkundig ins Leere gehen würde. Am 2.11.2017 erteilte das Inkassounternehmen des Gläubigers Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher zur Abgabe der Vermögensauskunft und Einholung von Drittauskünften für den Fall, dass der Schuldner die Vermögensauskunft nicht abgibt. Der Gerichtsvollzieher weigerte sich die Kosten des vorläufigen Zahlungsverbotes als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung anzuerkennen und vom Schuldner beizutreiben. Hiergegen richtete sich die Erinnerung des Gläubigers und das AG Heilbronn kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Kosten des vorläufigen Zahlungsverbotes nicht um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung handle, da eine wirksame Pfändung durch Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses seitens des Gläubigers nicht durchgeführt wurde.

1.

Die Entscheidung des AG Heilbronn überzeugt nicht, greift zu kurz und verliert die Schadensminderungspflicht des Gläubigers gänzlich aus den Augen.

Das AG Heilbronn beruft sich im Wesentlichen auf eine Entscheidung des LG München,[2] mit welcher das LG München II folgende Kriterien für die Notwendigkeit und damit Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein vorläufiges Zahlungsverbot aufstellt:

  Begründeter Anlass zur Besorgnis des Gläubigers, ohne Vorpfändung die Forderung nicht realisieren zu können;
  Rangsicherung bei Gläubigerkonkurrenz oder Insolvenzgefahr des Schuldners;
  Schuldner ist in Begriff, vollstreckungsfähige Rechte dem Gläubiger zu entziehen.

Außerhalb dieser Kriterien sei zwar ein vorläufiges Zahlungsverbot weiterhin ordnungsgemäß, wie dies auch das OLG Düsseldorf[3] feststellt, jedoch handelt der Gläubiger insoweit auf eigenes (Kosten-)Risiko.

Diese zum Teil recht veraltete Rspr. bedarf es auch angesichts der Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung im Jahre 2013 auf den Prüfstand zu stellen:

So wird beispielhaft immer wieder verkannt, dass § 802l Abs. 3 u. Abs. 5 ZPO vorsieht, dass auch der Schuldner vom Gerichtsvollzieher innerhalb von vier Wochen (und nicht nach vier Wochen!) nach Erhalt über das Ergebnis der Drittauskünfte in Kenntnis zu setzen ist. Wenn man also bedenkt, dass damit der Schuldner schlimmstenfalls gleichzeitig oder im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Gläubiger Kenntnis erlangt, dass der Gläubiger nunmehr alle – womöglich auch vom Schuldner bewusst verschwiegenen – Konten, Drittkonten, Bausparverträge, etc. durch die Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern kennt, dürfte generell für den Gläubiger die Gefahr bestehen, dass der Schuldner vollstreckungsfähige Rechte dem Gläubiger entzieht. Natürlich ist es für den Schuldner ein Leichtes, Guthaben vom Konto am Geldautomaten abzuheben oder via Onlinebanking auf andere Personen "umzubuchen", um damit den Vollstreckungszugriff des Gläubigers zu vereiteln. Dass diesem Ansinnen nur mit einem vorläufigen Zahlungsverbot begegnet werden kann, dürfte aufgrund der Bearbeitungszeiten für einen Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf der Hand liegen. Damit muss es sich in dieser Konstellation bei den Kosten des vorläufigen Zahlungsverbotes um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung auch ohne Gläubigerkonkurrenz oder Insolvenzgefahr des Schuldners handeln.

Auch bei der Sicherung von Arbeitslohn durch eine Vorpfändung kann es nicht nur auf die Gläubigerkonkurrenz, Insolvenz des Schuldners oder das bewusste Entziehen der Forderung durch den Schuldner ankommen. Selbstverständlich bewirkt auch die Rangsicherung durch die Vorpfändung auch ohne Gläubigerkonkurrenz zu einem früheren Zeitpunkt als durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, dass Sonderzahlungen, wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, oder im Falle des Ausscheidens die Abfindung, noch dem Gläubiger zufließen, wenn für den Auszahlungsmonat noch eine Sicherung durch vorläufiges Zahlungsverbot erreicht wird und eine wirksame Pfändung fristgerecht erfolgt.

Das AG Heilbronn verneint die notwe...

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