ArbGG § 12a

Leitsatz

Im erstinstanzlichen Verfahren vor dem ArbG sind die Reisekosten des Anwalts insoweit zu erstatten, als durch seine Einschaltung erstattungsfähige Reisekosten der Partei vermieden worden sind.

LAG Hessen, Beschl. v. 28.10.2009–13 Ta 541/09

Sachverhalt

Aufgrund des vor dem ArbG ergangenen Urteils hatte der Kläger die Reisekosten seines Anwalts zur Festsetzung gegenüber der Landeskasse angemeldet. Diese wurden antragsgemäß festgesetzt. Diese Reisekosten stellte die Landeskasse anschließend der Beklagten entsprechend ihrer Unterliegensquote (5/11) in Rechnung.

Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der Erinnerung, der nicht abgeholfen wurde.

Auch der dagegen eingelegten Beschwerde hat das ArbG nicht abgeholfen und die Sache dem LAG zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen

Zu Recht hat der Kostenbeamte in den Kostenansatz für das erstinstanzliche Verfahren 5/11 von 451,50 EUR = 205,23 EUR als von der Beklagten zu erstattende Kosten eingesetzt. Für diese Kosten haftet die Beklagte, weil ihr durch das Urteil des ArbG 5/11 der Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden.

Auch im Übrigen ist der Kostenansatz fehlerfrei.

Die Staatskasse ist zur Geltendmachung des streitbefangenen Betrages aktivlegitimiert. Gemäß § 59 Abs. 1 RVG geht der Anspruch auf Vergütung eines Rechtsanwalts gegenüber seinem Auftraggeber auf die Staatskasse über, wenn der Rechtsanwalt bereits zuvor aus der Staatskasse vergütet worden war und sich dies als unrichtig herausstellt, weil dem Auftraggeber z.B. wie hier ein Anspruch gegen den ersatzpflichtigen Gegner zusteht.

Auch der Höhe nach ist der Kostenansatz, soweit er von der Beklagten angegriffen wird, rechtlich korrekt.

Es ist zwar zutreffend, dass § 12a ArbGG einen Erstattungsanspruch der obsiegenden Partei im Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs für die Entschädigung wegen Zeitversäumnis und die Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes verweigert. Dementsprechend kann es insoweit auch keine Kostenerstattung an die Staatskasse im Wege übergegangenen Rechts geben. Nicht im § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG erwähnt und damit nicht dem Erstattungsverbot unterworfen sind aber z.B. Reisekosten der Partei selbst wie auch sogenannte hypothetische Reisekosten. Dies sind solche, die der Partei selbst entstanden wären, hätte sie nicht einen Prozessbevollmächtigten hinzugezogen. Diese Erstattungsmöglichkeit ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz des Kostenerstattungsrechts, nach dem auch nicht erstattungsfähige Kosten in der Höhe zu erstatten sind, in der durch sie erstattungsfähige Kosten erspart wurden (sogenannte hypothetische Parteikostenerstattung). Hintergrund dieser Regelung ist, dass durch den Ausschluss der Kostenerstattung zwar einerseits das Kostenrisiko für die unterliegende Partei beschränkt, jedoch andererseits keine ungerechtfertigten Kostenvorteile durch Hinzuziehung eines Prozessvertreters durch den Gegner geschaffen werden sollen. Insofern sind in einer hypothetischen Berechnung die Kosten zu ermitteln, die der obsiegenden Partei bei eigenem Tätigwerden entstanden und zu erstatten gewesen wären. In derselben Höhe sind dann auch die Kosten ihres Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig. Soweit also eine Partei wie hier eigene Reisekosten vermeidet, indem sie einen Rechtsanwalt hinzuzieht, so sind die Anwaltsgebühren und -auslagen in Höhe der erstattungsfähigen Reisekosten von der unterlegenen Partei zu tragen (vgl. statt aller Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, 2. Aufl. 2008, § 12a Rn 25 f.). Damit konnte der Klägervertreter hier seine Kosten bis zur Höhe der durch die ersparten Fahrtkosten seines Mandanten zu den drei Terminen beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main erstattet verlangen.

Gemäß § 91 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 ZPO kommen für die Berechnung der konkreten Beträge die §§ 5 ff. JVEG zum Tragen.

Wie das ArbG bereits festgestellt hat, waren für die drei Terminstage beim ArbG Frankfurt am Main insgesamt 602 km von A nach Frankfurt am Main und zurück mit 0,25 pro gefahrenen Kilometer zu berechnen. Dies ergibt einen Betrag von 451,50 EUR. Die sind weniger als die dem Klägervertreter aus der Staatskasse erstatteten 630,22 EUR. 5/11 davon, mithin 205,23 EUR, hätten dem Kläger somit zur Erstattung durch die Beklagte zugestanden und damit auch der Staatskasse, die sie aus übergegangenem Recht gegenüber der Beklagten geltend macht.

Der Kläger war auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gehalten, anstelle fiktiver Pkw-Fahrten fiktive Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln abzurechnen. Gemäß § 5 Abs. 1 JVEG hätte er nämlich dann Anspruch auf die Benutzung der ersten Wagenklasse gehabt. Für drei Fahrten von A nach Frankfurt am Main und zurück wären in der ersten Wagenklasse nach der Anzeige in www.bahn.de vom heutigen Tage je 190 EUR angefallen, mithin 570 EUR insgesamt, also mehr als die von Kläger eingesetzten 451,50 EUR. Der Kläger hat also auch insoweit seiner Kostenminderungspflicht genügt.

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