Der Entscheidung des OVG Münster ist zuzustimmen. In vielen Fällen erhebt der Auftraggeber als Antragsgegner des Vergütungsfestsetzungsantrags – wie auch hier im Fall des OVG Münster der als Antragsgegner in Anspruch genommene Kläger mit Schreiben vom 19.3.2022 – nach erfolgter Anhörung Einwendungen. In diesem Fall hat der Rechtspfleger/UdG zunächst zu prüfen, welcher Art diese Einwendungen sind. Handelt es sich um gebührenrechtliche Einwendungen, hat der Rechtspfleger/UdG hierüber im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG eine sachliche Entscheidung zu treffen. Die Erhebung außergebührenrechtlicher Einwendungen oder Einreden führt hingegen gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG zur Ablehnung der Vergütungsfestsetzung.

1. Begriff der außergebührenrechtlichen Einwendungen

Eine Einwendung oder Einrede ist in der Regel dann nicht gebührenrechtlicher Art, wenn sie ihren Grund in materiell-rechtlichen Vorschriften hat oder auf besonderen Abreden zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber gestützt wird (s. Hansens, zfs 2020, 42, 43). Solche außergebührenrechtlichen Einwendungen i.S.v. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG bedürfen – worauf das OVG Münster zutreffend hingewiesen hat – keiner Substantiierung und erst recht keiner Schlüssigkeit (s. LAG Frankfurt RVGreport 2016, 54 [Hansens]; OLG Koblenz RVGreport 2016, 56 [Ders.]; FG Münster RVGreport 2020, 52 [Ders.]; s. auch BVerfG RVGreport 2016, 252 [Ders.]). Im Vergütungsfestsetzungsverfahren ist deshalb lediglich zu prüfen, ob das tatsächliche Vorbringen des Antragsgegners – seine Richtigkeit unterstellt – den verfahrensgegenständlichen Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts in irgendeiner Weise beeinflussen kann. Hierzu ist es erforderlich, dass der Antragsgegner vortragen muss, aus welchen konkreten Umständen er seine außergebührenrechtlichen Einwendungen herleitet. Somit hat der Antragsgegner die tatsächlichen, auf die Besonderheiten des konkreten Falls bezogenen Umstände vorzutragen. Seine Einwendungen müssen mindestens im Ansatz erkennen lassen, dass der Vergütungsanspruch des den Antrag stellenden Anwalts aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet sein könnte (LAG Mainz RVGreport 2015, 135 [Ders.]; OLG Dresden RVGreport 2020, 293 [Ders.] = JurBüro 2021, 417). Diesen Anforderungen genügte hier das Vorbringen des Klägers in seinen Schriftsätzen vom 19.3. und 12.4.2022.

2. Die Behandlung außergebührenrechtlicher Einwendungen

Sind diese sehr geringen Anforderungen erfüllt, führt bereits die Erhebung des außergebührenrechtlichen Einwandes zur Ablehnung der Vergütungsfestsetzung gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG. Dies gilt auch dann, wenn der den Antrag stellende Rechtsanwalt ausführlich und unter Angabe von Beweismitteln vorträgt, dass die außergebührenrechtlichen Einwendungen des Antragsgegners unzutreffend sind. Allerdings sollte der Rechtsanwalt nicht zu viele Energie darauf verschwenden, sich mit den Einwendungen des Auftraggebers auseinanderzusetzen. Der Rechtspfleger/UdG hat nämlich im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG nicht zu entscheiden, ob die erhobenen außergebührenrechtlichen Einwendungen oder Einreden zutreffen. Die einzige Entscheidung, die er in einem solchen Fall zu treffen hat, ist die Ablehnung der Vergütungsfestsetzung gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG. Im Vergütungsfestsetzungsverfahren ist somit nur zu prüfen, ob das tatsächliche Vorbringen des Antragsgegners – seine Richtigkeit unterstellt – den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts in irgendeiner Weise beeinflussen kann. Die dann kraft Gesetzes gebotene Ablehnung der Vergütungsfestsetzung kann der Rechtsanwalt nur dann verhindern, wenn er den außergebührenrechtlichen Einwand des früheren Mandanten als offensichtlich unbegründet, substanzlos oder erkennbar rechtsmissbräuchlich darzustellen kann. Dies war hier im Fall des OVG Münster den Rechtsanwälten nicht gelungen.

3. Reichweite der Einwendungen

In der Praxis wird vielfach nicht berücksichtigt, dass gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG bei Erhebung außergebührenrechtlicher Einwendungen die Festsetzung abzulehnen ist, soweit der Antragsgegner diese Einwendungen erhoben hat. Dies ist insbesondere dann von praktischer Bedeutung, wenn sich die außergebührenrechtlichen Einwendungen des Antragsgegners nicht gegenüber dem gesamten im Vergütungsfestsetzungsverfahren geltend gemachten Vergütungsanspruch richten. Behauptet der Antragsgegner bspw., der den Antrag stellende Rechtsanwalt habe ihm gegenüber auf die Berechnung der Terminsgebühr verzichtet, ist die Vergütungsfestsetzung auch nur wegen der Terminsgebühr, ggf. nebst anteiliger Umsatzsteuer, abzulehnen; i.Ü. ist dem Vergütungsfestsetzungsantrag stattzugeben. Gleiches gilt, wenn der Auftraggeber mit einer die Vergütungsforderung nicht erreichenden Gegenforderung aufgerechnet hat. Auch insoweit ist der von der außergebührenrechtlichen Einwendung nicht betroffene Restbetrag der Vergütung festzusetzen. Hier erfasste die vom Kläger geltend gemachte Schlechtvertretung den gesamten Vergütungsanspruch der Rechtsanwälte.

4. Ausnahmsw...

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