1. Gesetzliche Regelung

Nach Abs. 1 Nr. 1 der Anlage zu Nr. 1000 VV entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Ist über den Gegenstand der Einigung ein gerichtliches Verfahren anhängig, fällt diese Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV mit einem Gebührensatz von 1,0 an.

2. Einigungsvertrag

Die gebührenrechtlichen Voraussetzungen der Einigungsgebühr waren nach Auffassung des OLG Brandenburg bereits nach dem Vortrag des Klägers erfüllt. Dieser hatte geltend gemacht, die Parteien hätten zur Erledigung des Rechtsstreits eine Einigung über die Rücknahme der Klage und die dafür seitens der Beklagten zu erbringenden Gegenleistungen getroffen. Das OLG hat darauf hingewiesen, dass die Parteien mit dieser Regelung den Streit über die Passivlegitimation der Beklagten und eine mögliche Verjährung eines Teils der geltend gemachten Forderungen beseitigt hätten.

Der Umstand, dass die Parteien sich im Kostenfestsetzungsverfahren über den Umfang der Einigung gestritten haben, steht nach den weiteren Ausführungen des OLG dem Anfall der Einigungsgebühr nicht entgegen. Denn der Dissens der Parteien habe nur einen Teil der Abrede, nämlich die an die Beklagte zu erstattenden Kosten, betroffen. Demgegenüber hätten die Parteien übereinstimmend vorgebracht, eine Einigung über die Rücknahme der Klage und die Erstattung der dem Kläger entstandenen vorgerichtlichen Kosten durch die Beklagte erzielt zu haben. Somit liegt nach Auffassung des OLG Brandenburg zumindest eine Teileinigung vor, die die Geltendmachung der Einigungsgebühr rechtfertigte.

3. Kostengrundentscheidung

Der Rechtspfleger des LG Neuruppin hatte die Absetzung der Einigungsgebühr damit begründet, diese Gebühr könne deshalb nicht festgesetzt werden, weil es insoweit an einer Kostengrundentscheidung fehle. Dem hat das OLG Brandenburg entgegengehalten, der Beschluss des LG Neuruppin vom 1.4.2020, nach dem der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, stelle die maßgebliche Kostenentscheidung dar. Dieser Titel sage nämlich aus, wer die Verfahrenskosten zu tragen habe. Demgegenüber sei die Höhe der zu erstattenden Kosten nach Maßgabe der Vorgaben im VV RVG im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO zu ermitteln und festzusetzen.

4. Verzicht auf Erstattung

Entgegen der Ansicht des Klägers steht der Geltendmachung der Einigungsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nach den weiteren Ausführungen des OLG Brandenburg auch nicht entgegen, dass sich die Beklagte nach dem Vorbringen des Klägers verpflichtet hatte, ausschließlich eine Verfahrensgebühr zur Festsetzung anzumelden, wenn der Kläger die Klage zurücknimmt. Das OLG hat darauf hingewiesen, dass die Beklagte diesem Vorbringen des Klägers substantiiert entgegengetreten ist. Sie habe nämlich den E-Mail-Verkehr der beteiligten Prozessbevollmächtigten vom 24. und 25.3.2020 wörtlich zitiert. Hieraus habe sich ergeben, dass die Beklagte die Frage nach einem Verzicht auf einen Kostenantrag nach Klagerücknahme abschlägig beschieden habe. Dass der Kläger danach noch einen Vorschlag unterbreitet hätte, dass nur die Verfahrensgebühr abgerechnet werde und die Beklagte dem zugestimmt hätte, bevor noch am selben Tage die Rücknahme der Klage erklärt worden sei, ergebe sich aus dem dargestellten Kommunikationsverlauf nicht. Außerdem habe der Kläger seinen entsprechenden Vortrag entgegen § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO auch nicht glaubhaft gemacht. Hierzu genüge nämlich die Erwiderung auf den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten nicht.

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