Die Entscheidung ist zutreffend.

Häufig sehen sich die Richter und Rechtspfleger berufen, im Kostenfestsetzungsverfahren auch über den Gegenstandswert der anwaltlichen Gebühren zu entscheiden. Dabei übersehen sie zum einen die Bindungswirkung des § 32 Abs. 1 RVG und zum anderen die Vorgreiflichkeit der Wertfestsetzungsverfahren. Im Kostenfestsetzungsverfahren haben weder Rechtspfleger noch Richter über Fragen des Streitwerts, Verfahrenswerts, Geschäftwerts oder Gegenstandswerts zu entscheiden. Dafür sind alleine das Verfahren nach § 32 Abs. 1 RVG i.V.m. den jeweiligen Vorschriften der Gerichtskostengesetze oder das Verfahren nach § 33 RVG vorgesehen.

Der Streit über den Gegenstandswert einer festzusetzenden Gebühr ist nicht im Kostenfestsetzungsverfahren auszutragen.

  Will eine Partei im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen, der Wert für die Gerichtsgebühren sei unzutreffend festgesetzt, ist dies im Rahmen einer Beschwerde nach § 68 GKG, § 59 FamGKG, § 83 GNotKG oder einer Gegenvorstellung nach § 63 Abs. 3 GKG, § 55 Abs. 3 FamGKG; § 79 Abs. 2 GNotKG zu klären.
  Will eine Partei im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen, dass der gerichtlich festgesetzte Wert nicht für die Anwaltsgebühren gelte, so ist dies im Verfahren nach § 33 RVG zu klären.

Bis zum rechtskräftigen Abschluss des jeweiligen Wertfestsetzungsverfahrens ist das Kostenfestsetzungsverfahren auszusetzen.

Für das vereinfachte Vergütungsfestsetzungsverfahren gegen den Auftraggeber nach § 11 RVG ist das Verhältnis von Wert- und Vergütungsfestsetzung sogar gesetzlich geregelt. Nach § 11 Abs. 4 RVG muss das Vergütungsfestsetzungsverfahren zwingend ausgesetzt werden, wenn der Gegenstandswert bestritten wird. Es ist dann zunächst im Verfahren nach §§ 32, 33 RVG die Wertfestsetzung zu klären. Erst wenn diese rechtskräftig ist, kann das Vergütungsfestsetzungsverfahren fortgesetzt werden. Dies ist hier auch einhellige Rspr.[1] Das gilt auch im Erinnerungsverfahren.[2]

Nichts anderes gilt im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO. Auch dieses Verfahren ist auszusetzen, bis über die Festsetzung des Gegenstandswerts entschieden ist, wenn Streit über den Wert einer festzusetzen Anwaltsgebühr entsteht.

 
Hinweis

Wenn die erstattungspflichtige Partei im Kostenfestsetzungsverfahren den von der erstattungsberechtigten Partei angesetzten Gegenstandswert der Gebühren ihres Rechtsanwalts bestreitet, ist das Kostenfestsetzungsverfahren auszusetzen, bis über die Festsetzung des Gegenstandswertes bestandskräftig entschieden ist.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.6.2010 – I-6 W 21 – 23/10[3]

 
Hinweis

Wird im Kostenfestsetzungsverfahren die Bestimmung des maßgeblichen Gebührenstreitwerts erforderlich, ist das Verfahren bis zur Entscheidung des hierfür zuständigen Ausgangsgerichts auszusetzen.

BGH, Beschl. v. 20.3.2014 – IX ZB 288/11[4]

Soweit der BGH in seiner Entscheidung allerdings auf eine analoge Anwendung des § 11 Abs. 4 RVG abstellt, übersieht er, dass sich der Zwang zur Aussetzung bereits aus dem auch im Kostenfestsetzungsverfahren anwendbaren § 148 ZPO ergibt, sodass es einer Analogie zu § 11 Abs. 4 RVG nicht bedarf. Zwar liegt die Aussetzung nach § 148 ZPO im Gegensatz zu der nach § 11 Abs. 4 RVG im Ermessen des Gerichts; es ist allerdings anerkannt, dass sich dieses Ermessen in bestimmten Fällen – wie hier – auf "Null" reduzieren kann, sodass eine Aussetzung zwingend ist.

Norbert Schneider

AGS 4/2019, S. 199 - 200

[1] OLG Brandenburg AGS 2014, 65; LAG Rheinland-Pfalz NZA-RR 2012, 657 = NJW-Spezial 2012, 637 = RVGreport 2012, 416 = AG kompakt 2012, 120.
[3] AGS 2010, 568.
[4] AGS 2014, 246 = MDR 2014, 566 = NJW-RR 2014, 765 = WM 2014, 1238 = Rpfleger 2014, 450 = AnwBl 2014, 564 = RVGreport 2014, 240 = NJW-Spezial 2014, 380 = JurBüro 2014, 364.

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