RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2

Leitsatz

  1. Eine die Terminsgebühr auslösende Besprechung i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 RVG verlangt regelmäßig, dass beide Parteien sich inhaltlich auf ein Gespräch mit dem Ziel der einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens eingelassen haben.
  2. Ein richterliches Telefonat über eine einvernehmliche Beendigung nur mit einer Partei stellt nicht schon eine Besprechung i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 RVG dar und kann für sich allein keine fiktive Terminsgebühr auslösen.

LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 9.11.2018 – 5 Ta 113/18

1 Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob für den Berufungsrechtszug eine Terminsgebühr in den Kostenfestsetzungsbeschluss aufzunehmen ist.

Zwischen den Parteien bestand ein Arbeitsverhältnis. Nach einer Kündigung durch den Beklagten haben sie über deren Wirksamkeit und über das Bestehen von Zahlungsansprüchen der Klägerin gestritten. Nachdem die Klägerin erstinstanzlich obsiegt hatte, legte der Beklagte Berufung ein. Mit Verfügung v. 29.6.2018 unterbreitete das LAG den Parteien in Vorbereitung eines bereits anberaumten Termins zur Berufungsverhandlung einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag mit der Bitte um Rückäußerung bis zum 11.7.2018. Die Klägerin lehnte diesen ab und unterbreitete ihrerseits mit Schriftsatz v. 9.7.2018 einen Vergleichsvorschlag mit weit über den Vorschlag des Gerichtes hinausgehendem Begehren unter Einbeziehung nicht rechtshängiger Positionen. Die Vorsitzende Richterin führte daraufhin ein Telefonat mit dem Klägervertreter, um zu erfragen, ob die Klägerin zu weiterem Entgegenkommen bereit sei. Am 13.7.2018 lehnte der Beklagtenvertreter jeglichen Vergleich ab und nahm gleichzeitig die Berufung zurück. Daraufhin wurden dem Beklagten mit Beschl. v. 16.7.2018 die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt. Der Streitwert wurde nach Anhörung der Parteien auf 407.500,00 EUR festgesetzt.

Während der Berufungsinstanz wurden unstreitig keinerlei Gespräche zwischen den Parteien bzw. deren Prozessbevollmächtigten über eine Beendigung des Rechtsstreits geführt.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin begehrte mit seinem Kostenfestsetzungsantrag wegen des Vergleichsvorschlages des Gerichts und des damit verbundenen Telefonats mit der Vorsitzenden Richterin für den zweiten Rechtszug auch die Festsetzung einer 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3202 VV i.H.v. 3.423,60 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Sein Kostenfestsetzungsantrag lautet wie folgt:

 
Praxis-Beispiel
 
Gegenstandswert: 407.500,00 EUR
Verfahrensgebühr, § 13 RVG, 4.564,80 EUR
Nr. 3200 VV, 1,6  
Terminsgebühr, § 13 RVG, 3.423,60 EUR
Nr. 3202 VV, 1,2  
Zwischensumme der Gebührenpositionen 7.988,40 EUR
Pauschale für Post und Telekommunikation, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Zwischensumme netto 8.008,40 EUR
19% Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 1.521,60 EUR
Gesamtsumme 9.530,00 EUR

Das ArbG ist dem nach Anhörung der Parteien gefolgt und hat die vom Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 9.530,00 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt.

Er wendet sich gegen die Entstehung einer 1,2-Terminsgebühr nach 3200 VV im Berufungsverfahren mit dem Hinweis, dass mit der Beklagtenseite keinerlei Vergleichsgespräche geführt wurden und diese auch nicht vergleichsbereit gewesen sei. Ein – noch dazu nur mit einer Partei – geführtes Telefonat des Gerichts könne die Entstehung einer Terminsgebühr nicht auslösen.

Das ArbG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

2 Aus den Gründen

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und auch begründet. Das ArbG hat zu Unrecht eine der Höhe nach unstreitige 1,2-Terminsgebühr in den Kostenfestsetzungsbeschluss aufgenommen. Die Klägerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter hat keinen Anspruch auf die festgesetzte Terminsgebühr i.H.v. 3.423,60 EUR zzgl. Umsatzsteuer gem. der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV).

1. Nach dieser Bestimmung entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist (S. 1). Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber (S. 3 Nr. 2).

2. Für die Entstehung einer Terminsgebühr verlangt das Gesetz an sich die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins. Ausnahmsweise entsteht eine (fiktive) Terminsgebühr für die Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten an einer notwendigen oder ratsamen – meist – außergerichtlichen Besprechung. Eine Beteiligung eines Richters/einer Richterin an dem außergerichtlichen Gespräch, z.B. auf dem Gerichtsflur ist aber unschädlich (Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., 2017, Rn 182 zu Vorbem. 3 VV).

Das Vorliegen einer Besprechung setzt voraus, dass beide (oder mehrere) Beteiligte sich inhaltlich auf ein Gespräch einlassen (Hessisches LAG v. 1.3.2006 – 13 Ta 81/06, juris Rn 13). Eine Bespre...

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