1.  Gegen die Verfügungsbefugnis der Klägerin bestehen allerdings keine Bedenken. Nach § 1 Nr. 3 des Gruppenvertrages kann die versicherte Person ihre Rechte aus dem Versicherungsvertrag unmittelbar gegenüber dem Versicherer geltend machen.

2.  Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus § 2 Nr. 1 des Gruppenvertrages i.V.m. § 2 Abs. 1a), c), g) ARB 75 kein Anspruch auf Versicherungsschutz im Hinblick auf den Rechtsstreit vor dem LG Berlin zu. Die Ausgangsstreitigkeit ist vom Deckungsschutz nicht erfasst.

a)  Nach § 2 Nr. 1 des Gruppenvertrages ist versichert die gerichtliche Wahrnehmung rechtlicher Interessen der versicherten Personen aus Miet- und Pachtverhältnissen in ihrer Eigenschaft als Mieter, Untermieter, Pächter oder dinglich Nutzungsberechtigter. Die rechtlichen Interessen müssen aus Miet- oder Pachtverhältnissen in der Eigenschaft als Mieter, Untermieter, Pächter oder dinglich Nutzungsberechtigter wahrgenommen werden. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, beurteilt sich nach dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits, in dem die Klägerin klageweise in Anspruch genommen wurde.

Der Klageantrag lautete dort, "die Beklagte zu verurteilen, das Angebot der Klägerin in der Urkunde des Notars Dr. L in C v. 17.8.2007 – UR.-Nr. ...2/2007 – anzunehmen, hilfsweise, an der Durchführung des Kaufvertrages v. 18.12.2006, UR.-Nr. K ...3/2006, als Käuferin mitzuwirken". Eine Klageerwiderung erfolgte nicht. Danach geht es nicht um Miete, sondern es ist ein rein kaufrechtlicher Erfüllungsanspruch im Streit. Die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits ist bei differenzierter Betrachtung nicht in ihrer Eigenschaft als Mieterin betroffen.

Die Regelung des § 577 Abs. 1 BGB (früher § 570 b a.F.) ist zwar im Mietrecht angesiedelt, jedoch betreffen nicht sämtliche Streitigkeiten, die mit dem Vorkaufsrecht zusammenhängen, den zum Vorkauf Berechtigten in seiner Eigenschaft als Mieter. Nach dieser Vorschrift steht dem Mieter ein Vorkaufsrecht zu, wenn vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist oder werden soll, an einen Dritten verkauft werden. Der Gesetzgeber hat damit das Ziel verfolgt, den Mieter vor Verdrängung im Zusammenhang mit der Umwandlung in Eigentumswohnungen zu schützen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 577 Rn 1; Münchener Kommentar zum BGB/Häublein, 5. Aufl., § 577 Rn 1 ff.). Ist eine rechtliche Auseinandersetzung über das Entstehen oder Bestehen eines gesetzlichen Vorkaufsrechts als solches entstanden, so handelt es sich um eine mietrechtliche Streitigkeit (vgl. Harbauer/Stahl, ARB, 7. Aufl., § 29 ARB 75 Rn 12; KG r+s 2001, 420). Anders ist es, wenn lediglich der Erfüllungsanspruch aus dem Vorkaufsrecht (§§ 463 ff. BGB) im Streit ist. In diesem Fall geht es um Kaufrecht, und der Mieter ist in seiner Eigenschaft als Käufer der Eigentumswohnung betroffen. Der Versicherungsschutz setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer bzw. der Versicherte in seiner speziellen Eigenschaft betroffen ist. Der Deckungsschutz muss in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Eigenschaft stehen (vgl. Harbauer/Stahl, a.a.O., § 29 Rn 41). Vereinigt der Versicherungsnehmer bzw. der Versicherte mehrere Eigenschaften, so hat er nach dem Grundsatz der Spezialität des versicherten Risikos nur in der versicherten Eigenschaft Rechtsschutz (vgl. Harbauer/Stahl, a.a.O., § 29 Rn 43). Da vorliegend nur der Erfüllungsanspruch aus Kauf Gegenstand der Interessenwahrnehmung ist, besteht kein Versicherungsschutz als Mieter.

Der von der Beklagten zusätzlich vorgebrachte Gesichtspunkt, dass der vom Versicherungsschutz erfasste Anspruch in die Zuständigkeit des AG nach § 23 Nr. 2a) GVG fallen müsse, findet im Versicherungsvertrag keine Stütze und ist nicht entscheidend.

b)  Eine Auslegung oder Anwendung von § 305c BGB führt nicht zu einer anderen Beurteilung. § 2 Nr. 1 des Gruppenvertrages orientiert sich an § 29 ARB 75. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (vgl. Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., vor § 1 Rn 16 mit weiteren Nachweisen). Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird bei verständiger Prüfung des Bedingungswerks durchaus zwischen den Voraussetzungen des Vorkaufsrechts und der Ausübung und deren Folgen unterscheiden. Eine überraschende oder mehrdeutige Klausel liegt nicht vor.

c)  Versicherungsschutz besteht aber auch nicht, soweit Gegenansprüche der Klägerin wegen Mietminderung, Schadensersatzansprüche aus Kauf sowie Mängelbeseitigungsansprüche aus dem Mietverhältnis zusätzlich im gerichtlichen Vergleich geregelt worden sind. Es handelt sich nicht um eine gerichtliche Interessenwahrnehmung, wie sie der Versicherungsvertrag voraussetzt. Die ursprünglich vo...

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