Die Entscheidung ist in mehrfacher Hinsicht unrichtig und bedenklich:

1.  Das dem Rechtsstreit zugrunde liegende Mandat wurde im Mai 2007 erteilt.

2.  Die Überprüfung der Unterhaltsurkunde ist – ausweislich der dürren Sachverhaltsdarstellung im Urteil – eine Beratung; es wurde ersichtlich auch nur ein Beratungsmandat erteilt, wie sich aus der vom beklagten Rechtsanwalt selber in seiner Abrechnung angewendeten Nr. 2100 VV a.F. ergibt.

3.  Mangels Vereinbarung ist eine Abrechnung nach Nr. 2100 VV a.F. in nach dem 30.6.2006 erteilten Mandaten nicht mehr zulässig, die Abrechnung muss dann nach § 34 RVG erfolgen. Die Höchstgebühr gem. § 34 RVG gegenüber einem Verbraucher beläuft sich ohne Vereinbarung auf maximal 250,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer. Diesen Betrag hat der Kläger gezahlt und den überschießenden Vorschussbetrag zurückgefordert.

4.  a)  Eine Abrechnung gem. § 34 RVG führt nicht zwingend gem. § 14 Abs. 2 RVG zu einer Begutachtung durch den Vorstand der zuständigen Rechtsanwaltskammer, denn § 34 RVG verweist nur auf § 14 Abs. 1 RVG, nicht aber auf § 14 RVG insgesamt; eine Beauftragung der Rechtsanwaltskammer zur Gutachtenserstellung ist höchstens angebracht, sie wäre auch gerade unter den vorliegenden Umständen nicht notwendig gewesen, da mit 250,00 EUR netto die Höchstgebühr vom Mandanten zugestanden war. Wäre eine vereinbarte Vergütung abgerechnet und streitig gewesen, so wäre ein Gutachten gem. § 4 Abs. 4 RVG a.F. einzuholen gewesen.

b)  Bei einer Abrechnung der Tätigkeit auf der Basis von Nr. 2100 VV a.F. ist zwingend das Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, da Nr. 2100 VV a.F. eine Rahmengebühr i.S.v. § 14 RVG war. Die Nichteinholung eines Gutachtens ist in diesem Falle ein grober Verfahrensfehler.

5.  Rechnet der Rechtsanwalt eine Beratung ab, dann kann das Gericht – entgegen dem dem Unterzeichner bekannten Sachvortrag beider Parteien – nicht eine Geschäftstätigkeit annehmen, zumal die dürre Sachverhaltsschilderung auch keine Anhaltspunkte für eine Geschäftstätigkeit ergibt und ersichtlich keine Mandatierung für ein Tätigwerden "nach außen" erfolgte.

Wenn man aber mit dem AG Lörrach den Anfall einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV annimmt, dann hätte zwingend gem. § 14 Abs. 2 RVG ein Gutachten bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer eingeholt werden müssen; die Nichteinholung ist ein grober Verfahrensfehler.

Wie man es auch dreht und wendet: Das Urteil des AG Lörrach belegt, wie schwer sich Richter manchmal mit dem anwaltlichen Gebührenrecht tun.

Rechtsanwalt Klaus Winkler, Kenzingen

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