1. Der Entscheidung ist zuzustimmen. Sie liegt auf der Linie der (ober-)gerichtlichen Rspr. zum Gegenstandswert für die Nr. 4142 VV, wenn Gegenstände eingezogen werden sollen oder eingezogen worden sind, denen die Rechtsordnung keinen messbaren Wert zuschreibt. Das LG verweist in dem Zusammenhang zutreffend auf Falschgeld, unversteuerte und unverzollte Zigaretten und illegale Betäubungsmittel. Denen wird von der Rechtsordnung ein objektiver Verkehrswert nicht beigemessen (vgl. dazu aus neuerer Zeit OLG Frankfurt, a.a.O.). Warum das bei einem gefälschten (ausländischen) Führerschein sein soll, erschließt sich nicht. Zwar wird in der Lit. zum Teil auch Fälschungen ein Verkehrswert zugemessen (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4142 Rn 30, 52, AnwK-RVG/N. Schneider, 9. Aufl., 2021, VV 4142 Rn 39). Gemeint und angeführt sind dabei aber die Fälle, in denen (auch) die Fälschung einen objektiven Verkehrswert haben kann, wie z.B. ein "gefälschter Kujau" (AnwK-RVG/N. Schneider, a.a.O.), denn er könnte im Wege der Versteigerung realisiert werden.

2. Die Frage des Gegenstandswertes des gefälschten Führerscheins ist zu unterscheiden von der Diskussion um die Einziehung eines echten Führerscheinformulars etwa nach den §§ 69, 69a StGB, denn dort geht es eben um eine "echte" Fahrerlaubnis (zu der Diskussion einerseits AG Freiburg, Urt. v. 6.11.2020 – 4 C 1193/20, VRR 1/2021, 25 = StRR 2/2021, 38; andererseits AG Amberg, Beschl. v. 4.12.2021 – 7 Cs 114 Js 5614/18 (2), AGS 2022, 128 = VRR 2/2022, 25 = StRR 2/2022. 33; LG Amberg, Beschl. v. 18.5.2022 – 11 Qs 9/22, AGS 2022, 31).

3. Auch soweit das LG die Einwendungen des Pflichtverteidigers, die sich auf das Verfahren in Neuruppin gründen, zurückweist, ist dem zuzustimmen. Abgesehen davon, dass mit einer Beratung in dem Verfahren die zusätzliche Verfahrensgebühr in dem vorliegenden Verfahren nicht begründet werden konnte, war der Führerschein auch zu dem Zeitpunkt bereits "falsch/gefälscht" und hatte keinen objektiven Verkehrswert. Ob die Beschuldigte und/oder ihr Verteidiger davon wussten, ist für die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV ohne Belang.

4. Das LG hat die weitere Beschwerde zugelassen (§ 33 Abs. 6 RVG), allerdings ohne das näher zu begründen. Man wird jedoch die "grundsätzliche Bedeutung" dieser Frage bejahen können. Wir werden zu der Problematik also ggf. demnächst etwas vom OLG Brandenburg hören.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 3/2023, S. 137 - 140

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