Beispiel 1

Gegen den B ist beim Schöffengericht ein umfangreiches Verfahren wegen Verkehrsstraftaten anhängig. Dieses wird nach Anklageerhebung vom AG gem. § 225a Abs. 1 StPO der Strafkammer vorgelegt, die es übernimmt. Dort findet eine eintägige Hauptverhandlung statt. B ist von Anfang an von R vertreten worden. Alle Kriterien des § 14 RVG sind durchschnittlich.

Entstanden sind folgende Gebühren:

Im vorbereitenden Verfahren sind entstanden die Grundgebühr Nr. 4100 VV, die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV (vorbereitendes Verfahren) und die Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV. Im gerichtlichen Verfahren sind angefallen die Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV, die Terminsgebühr Nr. 4114 VV und die Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV. Die Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren richtet sich deshalb nach der landgerichtlichen Stufe, weil das LG das höchste der mit der Sache im gerichtlichen Verfahren befassten Gerichte ist.[12]

 

Beispiel 2

Gegen den B ist beim Schöffengericht ein umfangreiches Verfahren wegen Verkehrsstraftaten anhängig. Dieses wird vom AG in der Hauptverhandlung gem. § 270 Abs. 1 StPO an die Strafkammer verwiesen. Dort findet eine eintägige Hauptverhandlung statt. B ist von Anfang an von Rechtsanwalt R vertreten worden. Alle Kriterien des § 14 RVG sind durchschnittlich.

Entstanden sind folgende Gebühren:

Im vorbereitenden Verfahren sind entstanden die Grundgebühr Nr. 4100 VV, die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV (vorbereitendes Verfahren) und die Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV. Im gerichtlichen Verfahren sind die Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV, die Terminsgebühr Nr. 4108 VV (AG) und die Terminsgebühr Nr. 4114 VV (LG) sowie die Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV angefallen.

Die gerichtliche Verfahrensgebühr erhält der Rechtsanwalt aus dem landgerichtlichen Rahmen, weil das LG das höchste der mit der Sache im gerichtlichen Verfahren befassten Gerichte ist. Die Terminsgebühr entsteht in den Fällen der Verweisung (immer) aus dem Rahmen des Gerichts, bei dem die Hauptverhandlungen durchgeführt worden sind. Etwas anderes folgt für die Terminsgebühr Nr. 4108 VV nicht aus § 20 S. 1 RVG. Dieser regelt nämlich nicht, dass die Gebühren in einem Rechtszug sich nur aus einem Zuständigkeitsrahmen ergeben können und ggf. bereits entstandene Gebühren daher "angehoben" werden. Eine solche Rückwirkung gibt es im RVG nicht.[13] Das entspricht dem Rechtsgedanken des § 15 Abs. 4 RVG.

 

Beispiel 3

Gegen den B ist ein Strafverfahren wegen Vergewaltigung anhängig. Dieses wird bei der Strafkammer angeklagt. Diese eröffnet aber gem. § 209 Abs. 1 StPO beim AG. Dort findet eine eintägige Hauptverhandlung statt. B ist von Anfang an von Rechtsanwalt R vertreten worden.

Entstanden sind folgende Gebühren:

Im vorbereitenden Verfahren sind entstanden die Grundgebühr Nr. 4100 VV, die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV (vorbereitendes Verfahren) sowie die Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV. Im gerichtlichen Verfahren sind angefallen die Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV, die Terminsgebühr Nr. 4108 VV und die Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV.

Das LG ist das höchste mit der Sache befasste Gericht. Daher verbleibt es trotz der Eröffnung des Hauptverfahrens beim AG bei der Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV.[14]

 

Beispiel 4

Rechtsanwalt R verteidigt den inhaftierten Mandanten in einer Schwurgerichtssache. Das Schwurgericht hat ein Verfahren hinzuverbunden, das zunächst beim AG anhängig war und dann an die Schwurgerichtskammer abgegeben wurde, dort aber nur als KLs-Sache geführt worden ist. Der Verbindungsbeschluss des Schwurgerichts lautet: "Die Verfahren Ks und KLs werden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden." Rechtsanwalt R fragt sich, welche Verfahrensgebühren anfallen.

Für die Abrechnung gilt:[15]

Im Schwurgerichtsverfahren ist die Verfahrensgebühr Nrn. 4118, 4119 VV entstanden. Diese ist auch im hinzuverbundenen Verfahren angefallen. Dieses Verfahren hatte zwar seinen Ursprung beim AG, die (gerichtliche) Verfahrensgebühr entsteht aber immer aus dem Rahmen des höchsten mit der Sache befassten Gerichts.[16] Das gilt sowohl für den Fall, dass sich durch die Verweisung/Abgabe der Gebührenrahmen reduziert,[17] als auch, dass er sich erhöht.

Die Gebühren fallen i.Ü. auch mit Zuschlag an, da es nicht darauf ankommt, in welchem Verfahren sich der Beschuldigte in Haft befindet.[18]

 

Beispiel 5

Rechtsanwalt R verteidigt den inhaftierten Mandanten vor der Strafkammer gegen den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 StGB). Die Strafkammer verhandelt wegen einer im Raum stehenden Unterbringung nach § 63 StGB mit drei Berufsrichtern (§ 76 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GVG). Am ersten Hauptverhandlungstag erteilt die Strafkammer den rechtlichen Hinweis, dass auch eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags (§§ 212, 22, 23 StGB) in Betracht kommen könnte. Nach welchem Rahmen richten sich die Gebühren des Rechtsanwalts R?

Verfahrensrechtlich ist auf Folgendes hinzuweisen: Die Strafkammer kann das Verfahren nicht an das Schwurgericht verweisen. Dieses ist kein Gericht höherer Ordnu...

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