1. Grundsatz

Die Beurteilung der Frage, ob aufgewandte Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO notwendig waren, hat sich nach Auffassung des OLG Bamberg daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dabei dürfe die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen, die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte zu ergreifen. Die Partei treffe lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleichgearteten Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH AGS 2003, 101 m. Anm. Madert = BRAGOreport 2003, 13 [Hansens]; s. auch Hansens, AnwBl 2011, 760).

2. Einschaltung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten

Wenn die erstattungsberechtigte Partei einen außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt, muss nach den weiteren Ausführungen des OLG Bamberg im Kostenfestsetzungsverfahren im Hinblick auf § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO geprüft werden, ob die von ihr geltend gemachten Terminsreisekosten notwendig waren. Dabei sei die Notwendigkeit der Hinzuziehung des auswärtigen Prozessbevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu prüfen. Nur wenn diese Notwendigkeit bejaht werde, seien die tatsächlichen Reisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig.

Das OLG Bamberg hat auf die st. Rspr. des BGH verwiesen, nach der die Hinzuziehung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten im Regelfall dann notwendig ist, wenn die erstattungsberechtigte Partei ihren Wohnort bzw. ihren Wohnsitz selbst außerhalb des Gerichtsbezirks hat und einen an ihrem Wohnsitz ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Demgegenüber ist es nach dieser Rspr. regelmäßig nicht notwendig, wenn die Partei ihren Wohnsitz innerhalb des Gerichtsbezirks hat und einen außerhalb des Bezirks ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (BGH RVGreport 2008, 309 [Hansens] = JurBüro 2008, 481; BGH AGS 2012, 47 = RVGreport 2011, 468 [Ders.]; BGH RVGreport 2012, 112 [Ders.] = Rpfleger 2012, 176; BGH AGS 2019, 42 = RVGreport 2019, 106 [Ders.]).

Vorliegend war nach Auffassung des OLG Bamberg für den Kläger die Hinzuziehung eines Münchener Prozessbevollmächtigten nicht notwendig. Der Kläger habe nämlich nicht gem. § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO glaubhaft gemacht, dass er bei Erhebung der Klage seinen Wohnsitz außerhalb des Landgerichtsbezirks Bamberg in räumlicher Nähe zu seinem beauftragten Prozessbevollmächtigten in München gehabt hatte.

3. Glaubhaftmachung des Wohnsitzes

a) Grundsätze

Nach den Ausführungen des OLG Bamberg bedarf es im Regelfall keiner gesonderten Glaubhaftmachung des der Geltendmachung von Terminsreisekosten zugrunde gelegten Wohnsitzes der erstattungsberechtigten Partei, soweit dieser im Prozess nicht streitig ist und sich aus den im Verfahren eingereichten Schriftsätzen ergibt. Der Kläger hat – so das OLG Bamberg – vorliegend jedoch im Kostenfestsetzungsverfahren einen anderen Wohnort behauptet, als er von ihm selbst im Prozess angegeben worden sei. In der Klageschrift war die ladungsfähige Anschrift des Klägers in einer Gemeinde im Landgerichtsbezirk Bamberg angegeben. Obwohl der Kläger – so fährt das OLG Bamberg fort – offensichtlich bereits seit geraumer Zeit seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Thailand habe, habe er noch während des Rechtsstreits vorgetragen, dass die Adresse im Gerichtsbezirk des LG Bamberg nach wie vor seine aktuelle Anschrift in Deutschland sei. Für eine nach Prozessbeginn oder auch zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte Begründung seines Wohnsitzes in München hat nach Auffassung des OLG im gesamten Verfahren kein Anhaltspunkt vorgelegen.

b) Anwaltliche Versicherung Mittel der Glaubhaftmachung

Die im Kostenfestsetzungsverfahren vorgelegte anwaltliche Versicherung des klägerischen Prozessbevollmächtigten war nach Auffassung des OLG Bamberg nicht ausreichend, um einen Wohnsitz des Klägers in München glaubhaft zu machen. Aus dem Gegenschluss zu § 104 Abs. 2 S. 2 ZPO hat das OLG Bamberg zwar gefolgert, dass außerhalb der Auslagen nach Nr. 7001 VV eine anwaltliche Versicherung ein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung sein kann, aber nicht zwangsläufig ausreichend sein muss (s. OLG Köln RVGreport 2014, 105 für Kopierkosten des Pflichtverteidigers; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.8.2018 – 2 W 20/18 für Patentanwaltskosten).

c) Anwaltliche Versicherung hier nicht ausreichend

Das OLG Bamberg hat darauf hingewiesen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine anwaltliche Versicherung, der Kläger habe seinen Wohnsitz in München, auf seine vorprozessuale Kommunikation mit dem Kläger über dessen Adresse in München gestützt hat. Dieser Sachverhalt sei jedoch zur Begründung der Notwendigkeit der Terminsreisekosten ungeeignet. Die rein postalische Anschrift ohne gewöhnlichen oder zumindest regelmäßigen Aufenthalt an dieser Anschrift sei nämlich nicht hinreichend. Für die Notwendigkeit der Bestellung eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts...

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