1. Lösung zu Fall 1

I. Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz gem. § 66 Abs. 1 GKG

Rechtsanwalt K kommt zunächst der Gedanke, gegen den Gerichtskostenansatz Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 GKG einzulegen und zur Begründung vorzutragen, der vom Kostenbeamten zugrunde gelegte Streitwert sei überhöht. Dies ist jedoch nur dann der richtige Weg, wenn keine gerichtliche Streitwertfestsetzung vorliegt. Hat das Prozessgericht jedoch – wie hier – den Streitwert bereits festgesetzt, ist der Kostenbeamte an diese Festsetzung gebunden.[1] Folglich kann der Kostenbeamte in diesem Fall die Richtigkeit der gerichtlichen Streitwertfestsetzung nicht überprüfen. Er kann deshalb auch auf eine Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz einer Berechnung keinen von der gerichtlichen Streitwertfestsetzung abweichenden Streitwert zugrunde legen.

[1] S. BSG AGS 2022, 133 [Hansens], in diesem Heft.

II. Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG

Deshalb hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen die gerichtliche Streitwertfestsetzung gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG Beschwerde einzulegen. Der Beschwerdewert übersteigt auch – wie es § 68 Abs. 1 S. 1 GKG erfordert – 200,00 EUR. Der Kläger wendet sich nämlich gegen die Nachforderung i.H.v. 657,00 EUR. Rechtsanwalt K muss ferner darauf achten, dass er die Streitwertbeschwerde nach § 68 Abs. 1 S. 3 GKG innerhalb einer Frist von sechs Monaten und – höchstens – drei Tagen nach formlosem Zugang bzw. einer Frist von sechs Monaten nach förmlicher Zustellung des Streitwertfestsetzungsbeschlusses (s. § 68 Abs. 1 S. 4 GKG) einlegt. Bei Einlegung der Beschwerde muss der Rechtsanwalt klarstellen, dass er diese im Namen des Klägers und nicht etwa in seinem eigenen Namen einlegt. Der Rechtsanwalt ist zwar gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG berechtigt, die Streitwertbeschwerde im eigenen Namen einzulegen. Eine Streitwertbeschwerde des Rechtsanwalts, die auf eine Herabsetzung des Streitwertes gerichtet ist, ist jedoch im Regelfall unzulässig, weil sich im Erfolgsfalle der Beschwerde die Anwaltsgebühren nach einem niedrigeren Gegenstandswert berechnen.

III. Verfahren nach erfolgreicher Streitwertbeschwerde

Hat die Streitwertbeschwerde Erfolg und setzt das Gericht den Streitwert – wie vom Kläger begehrt – auf 20.000,00 EUR herab, braucht der Rechtsanwalt nichts weiter zu veranlassen. Der Kostenbeamte hat nämlich gem. § 29 Abs. 1 KostVfg eine neue Kostenrechnung zu erstellen und dieser den nunmehr geänderten Streitwert zugrunde zu legen. In diesem Gerichtskostenansatz wird der Kostenbeamte eine 3,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG KV i.H.v. 1.146,00 EUR gegen den Kläger ansetzen, die von diesem vollständig bezahlt worden sind. Den Kostenansatz über die weiteren 657,00 EUR hat der Kostenbeamte im Soll zu löschen, sodass die Gerichtskasse/Justizbeitreibungsstelle gegen den Kläger diesen Betrag nicht mehr zwangsweise beitreiben kann. Sollte der Kostenbeamte dieser ihm nach § 29 Abs. 1 KostVfg obliegenden Verpflichtung nicht nachkommen, kann dies – vorsorglich – im Rahmen einer nicht fristgebundenen Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 GKG gerügt werden.

2. Lösung zu Fall 2

I. Verfahrensgebühr

Für das Betreiben des Geschäfts (s. Vorbem. 3 Abs. 2 VV) ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Verfahrensgebühr angefallen. Da Rechtsanwalt K die Klageschrift eingereicht und den Verhandlungstermin wahrgenommen hat (s. Nr. 3101 Nr. 1 VV), ist die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV mit einem Gebührensatz von 1,3 angefallen. Die nach Erhalt des Prozessauftrags gefertigte Zahlungsaufforderung wird als Vorbereitungshandlung gem. § 19 Abs. 1 S. 1 RVG ebenfalls durch die Verfahrensgebühr mit abgegolten.

II. Terminsgebühr

1. Wahrnehmung des Verhandlungstermins

Für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins (s. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV) ist Rechtsanwalt K eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV angefallen. Da in diesem Termin weder der Beklagte erschienen noch ordnungsgemäß vertreten war und Rechtsanwalt K lediglich einen Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils gestellt hat, ist diese Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV nur mit einem Gebührensatz von 0,5 entstanden.

2. Telefonische Besprechung

Rechtsanwalt K hat nach Erhalt des Prozessauftrags an der von Rechtsanwalt X initiierten telefonischen Besprechung mitgewirkt, die auf die Vermeidung des Rechtsstreits gerichtet war. Hierdurch ist Rechtsanwalt K nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV angefallen. Gem. § 15 Abs. 1 RVG kann Rechtsanwalt K insgesamt nur eine 1,2-Terminsgebühr abrechnen.[2]

[2] S. OLG Brandenburg AGS 2022, 124 [Hansens], in diesem Heft.

III. Verfahrensweise im Kostenfestsetzungsverfahren

Rechtsanwalt K wird somit in seinem Kostenfestsetzungsantrag neben dem vom Kläger gezahlten Gerichtskostenbetrag und den anwaltlichen Auslagen die 1,3-Verfahrensgebühr und die 1,2-Terminsgebühr geltend machen. Da sich der Anfall der 1,2-Terminsgebühr für Besprechungen aus den Gerichtsakten nicht ergibt, hat Rechtsanwalt K die Voraussetzungen dieser Gebühr in seinem Kostenfestsetzungsantrag darzulegen. Im Streitfall hat der Kläger den Gebührenanfall gem. § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO i.V.m. § 294 ZPO glaubhaft zu machen. Um weiteren Schriftwechsel und Verzögerungen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu vermeiden, sollte Rechtsanwalt K für den Fall des Bestreitens des Gebührenanfalls seitens des Beklagten bereits in seinem Kostenfestsetzung...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge