Der BGH hat hier mit wenigen Sätzen die Erforderlichkeit der Teilnahme der der Nebenklägerin als Beistand bestellten Rechtsanwältin zutreffend bejaht. Dass der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt vor Durchführung der Reise die Feststellung des Gerichts beantragen kann, dass die – geplante – Reise erforderlich sei, ist in der Anwaltschaft nicht durchgängig bekannt. Ansonsten würden die Anwälte aus eigenem Interesse derartige Anträge regelmäßig stellen.

Der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt hat nämlich ein eigenes Interesse daran, die Gewissheit zu haben, die von ihm im Rahmen des Mandats aufgewandten Auslagen letztlich nicht aus eigener Tasche zahlen zu müssen. Hierzu stehen ihm zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.

1. Feststellung der Erforderlichkeit

Zum einen kann er – wie im Fall des BGH (zfs 2016, 461 m. Anm. Hansens = RVGreport 2016, 302 [Hansens]) der Nebenklägervertreter oder wie im Fall des BGH hier die als Beistand bestellte Anwältin– beim Gericht des Rechtszugs einen Antrag auf Feststellung der Erforderlichkeit der Reise stellen.

Dies gilt i.Ü., was in der Praxis nicht selten übersehen wird, nach § 46 Abs. 2 S. 3 RVG auch für sonstige Auslagen des Rechtsanwalts, zu denen auch nicht im Teil 7 VV ausdrücklich aufgeführte Auslagentatbestände gehören, sofern sie erforderliche Aufwendungen i.S. des § 670 BGB darstellen. Hierzu können etwa Auslagen des Rechtsanwalts für die Einschaltung eines Detektivs oder für die Einholung eines Privatgutachtens im Kindschaftsverfahren gehören (s. OLG Dresden RVGreport 2016, 177 [Hansens] = AGS 2016, 141). Zu den sonstigen Auslagen nach § 46 Abs. 2 S. 3 RVG können auch Dolmetscherkosten für die Kommunikation des Rechtsanwalts mit seinem Mandanten (OVG Niedersachsen AGS 1995, 114 = JurBüro 1995, 526; a.A. LAG Hamm AnwBl. 1985, 275) oder die durch den Ausdruck der Gerichtsakten anfallende Dokumentenpauschale (OLG Rostock RVGreport 2014, 471 [Burhoff] = AGS 2014, 533: Das OLG hat die Erforderlichkeit für den Pflichtverteidiger verneint) gehören.

Bei alledem sollte der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt allerdings berücksichtigen, dass die Gerichte, also die Richter, derartige Anträge auf Feststellung der Erforderlichkeit von Auslagen im Allgemeinen sehr restriktiv behandeln. Dafür hat der beigeordnete oder bestellte Anwalt dann die Gewissheit, dass seine Auslagen im Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG wenigstens dem Grunde nach als erforderlich anerkannt werden, wenn er einmal einen entsprechenden Feststellungsbeschluss des Gerichts erwirkt.

2. Antrag auf Festsetzung eines Vorschusses

Gem. § 47 Abs. 1 S. 1 RVG steht dem beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt ein Anspruch auf Vorschuss gegen die Staatskasse für die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen zu. Dieser Vorschuss wird gem. § 55 Abs. 1 S. 1 RVG auf Antrag des Anwalts vom UdG des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Auf diese Weise ist der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt vorgegangen, der beim OLG Hamm (RVGreport 2013, 307 [Hansens] = AGS 2013, 348) einen Vorschuss für die Einholung eines Privatgutachtens i.H.v. immerhin 10.000 EUR festgesetzt bekommen hat. Allerdings hat der beigeordnete oder bestellte Anwalt auch bei Festsetzung eines Vorschusses für seine Auslagen keine Gewissheit, dass der UdG oder das Erinnerungs-/Beschwerdegericht die Rechtslage im Festsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 1 RVG nicht anders beurteilt. Die Festsetzung und Auszahlung des beantragten Vorschusses an den beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt sichert diesen somit nicht dahin ab, dass er diesen Vorschuss auch endgültig oder jedenfalls in der bewilligten und ausgezahlten Höhe behalten darf (vgl. auch Thür.OLG RVGreport 2014, 423 [Hansens] zur Abänderung der Vorschussbewilligung im Beschwerdeverfahren).

Zum bejahten Anspruch des bestellten Verteidigers auf Vorschuss für die Kosten für einen BahnCard50 s. OLG Celle (AGS 2021, 109 [Burhoff], vorstehend).

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin

AGS 3/2021, S. 110 - 112

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