Ein Verbot der nachträglichen Festsetzung besteht daher nur in solchen Fällen, in denen das Gericht ausdrücklich entschieden hat, dass die anteilige Geschäftsgebühr in Abzug zu bringen ist. Das dürfte insbesondere dann der Fall sein, wenn zunächst eine ungekürzte Verfahrensgebühr beantragt wurde und das Gericht, ohne dass der Antrag zuvor berichtigt wurde, eine hälftige Geschäftsgebühr in Abzug gebracht hat, da in diesen Fällen eine rechtskräftige Entscheidung über die gesamte Verfahrensgebühr vorliegt. Ist ein solcher Kostenfestsetzungsbeschluss unrichtig, etwa weil überhaupt keine Anrechnungstatbestände des § 15a Abs. 2 RVG vorgelegen haben, kann sie nur im Rahmen der zulässigen Rechtsbehelfe (Erinnerung oder sofortige Beschwerde) angegriffen werden. Die Frist zu ihrer Einlegung beträgt zwei Wochen (§ 104 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO; § 11 Abs. 2 RPflG), ist sie bereits abgelaufen, kommt eine Anfechtung nicht mehr in Betracht.

 

Beispiel: Unzulässige Nachfestsetzung

A klagt gegen B wegen Forderung von 6.000,00 EUR. Der Anwalt des A war bereits außergerichtlich tätig. Der Klage wird stattgegeben und B verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Anwalt des A stellt im Jahr 2008 Antrag auf Kostenfestsetzung. Dabei werden durch ihn folgende Kosten geltend gemacht:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   
  (Wert: 6.000,00 EUR) 439,40 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   
  (Wert: 6.000,00 EUR) 405,60 EUR
3. Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 19 % aus 865 EUR 164,35 EUR
Gesamt 1.029,35 EUR

Der Anwalt des B wendet ein, dass die hälftige Geschäftsgebühr anzurechnen sei. Das Gericht erlässt daraufhin im Jahr 2008 Kostenfestsetzungsbeschluss. In dem Beschluss wird festgestellt, dass eine 0,65-Geschäftsgebühr in Abzug zu bringen ist, so dass nur 767,91 EUR festgesetzt werden. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wird nach Ablauf der Beschwerdefrist formell und auch materiell rechtskräftig.

Im März 2011 beantragt der Rechtsanwalt des A im Wege der Nachfestsetzung, auch den zunächst nicht geltend gemachten Teil der Verfahrensgebühr gegen den unterlegenen B festzusetzen. Er stützt sich dabei auf § 15a Abs. 2 RVG, der auch in Altfällen gilt, und auf die geänderte Rspr.

Das Gericht wird den Antrag auf Nachfestsetzung jedoch zurückweisen müssen, weil hier sämtliche Teile der Verfahrensgebühr beantragt waren und auch über die Anrechnung der Geschäftsgebühr bereits rechtskräftig entschieden wurde.

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