Die gem. §§ 127 Abs. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

In Rspr. und Lit. ist seit langem streitig, ob im Vermittlungsverfahren nach § 52a FGG die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Betracht kommt.

Soweit dabei die Auffassung vertreten wird, eine Beiordnung habe regelmäßig nicht zu erfolgen, weil nicht rechtlich schwierige Probleme, sondern die Ausräumung tatsächlicher Schwierigkeiten im Vordergrund stünden (vgl. OLG Jena FamRZ 2005, 1578 = OLG-NL 2005, 142; OLG Hamm FamRZ 1998, 1303; Keidel/Kuntze/Winkler-Engelhardt, FGG, 15. Aufl., § 52a Rn 18), findet diese Auffassung im Gesetz keine Grundlage. Andererseits vermag der Senat nicht der umgekehrten Meinung zu folgen, wonach im Hinblick auf die regelmäßige Zerstrittenheit der Elternteile sowie die Bedeutung des Umgangsrechts für das Kind regelmäßig die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich sei (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2009, 1079 [= AGS 2009, 502], OLG Brandenburg FamRZ 2009, 1080; OLG Düsseldorf BeckRS 2009 16633; OLG München FamRZ 2000, 1225).

Nach Auffassung des Senats kann die Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Vermittlungsverfahren nicht generell beantwortet werden, sondern nur aufgrund der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles (vgl. auch BGH AGS 2009, 286 = FamRZ 2009, 857 für das Umgangsverfahren). Dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass die – wie hier – bewilligte Prozesskostenhilfe für das Vermittlungsverfahren ohne Beiordnung eines Rechtsanwalts im Hinblick auf die Wirkungen der Prozesskostenhilfe (§ 122 ZPO) einerseits und der Gerichtskostenfreiheit des Vermittlungsverfahrens andererseits praktisch leer läuft.

Nach dem über § 14 FGG anwendbaren § 121 Abs. 2 1. Alt. ZPO ist ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist erforderlich, wenn ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Maßgebend sind dabei Umfang und Schwierigkeit der konkreten Sache, ferner die Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (BVerfG NJW-RR 2007, 1713; BGH AGS 2009, 286 = FamRZ 2009, 857). Ferner kann die existentielle Bedeutung der Sache oder eine besondere, vom allgemeinen Prozessrecht stark abweichende Verfahrensart die Beiordnung eines Rechtsanwalts nahelegen (BGH FamRZ 2007, 1968).

In Umgangs- oder Sorgerechtssachen sind die tatsächlichen Verhältnisse und ihre Darstellung für die zu treffende Entscheidung von wesentlicher Bedeutung, wobei die Parteien in der Regel nicht bzw. nicht vollumfänglich in der Lage sind, die rechtliche Relevanz tatsächlicher Verhältnisse zu beurteilen. Häufig wird daher in Umgangs- und Sorgerechtssachen schon deshalb und unbeschadet eventuell rechtlicher Schwierigkeiten die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich sein.

Nichts anderes gilt grundsätzlich auch für das Vermittlungsverfahren nach § 52a FGG. Die sachgemäße Darstellung der Schwierigkeiten im Rahmen des Umgangsverfahrens ist hier nicht weniger wichtig als im Umgangsverfahren selbst, weil nur auf ihrer Grundlage das Gericht auf ein erwünschtes Einvernehmen nach § 52a Abs. 4 FGG hinwirken kann. Sie ist auch von Bedeutung für das weitere Vorgehen bei einem Scheitern des Vermittlungsverfahrens gem. § 52a Abs. 5 FGG.

Gemessen hieran war die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich. Anders als in Verfahren, bei denen es erst um die erstmalige Regelung des Umgangs geht, setzt das Vermittlungsverfahren gem. § 52a FGG zwingend eine solche Regelung und Probleme mit der Umsetzung der gerichtlichen Regelung voraus. Die in Umgangsverfahren nicht selten anzutreffende Zerstrittenheit der Parteien hat also mit der richterlichen Entscheidung kein Ende gefunden, sondern setzt sich fort bzw. ist neu entstanden. So war es auch vorliegend, weil der Antragsgegner die in der erst wenige Monate zuvor geschlossenen Umgangsvereinbarung geregelten Termine nicht einhielt, vielmehr den Umgang variabel gestalten wollte. Wiederholte außergerichtliche Einigungsversuche blieben ebenso erfolglos wie eine von der Antragstellerin veranlasste Vermittlung durch das Jugendamt. Da andererseits der Umgang der Kinder mit ihrem Vater dem Kindeswohl entspricht – ansonsten wäre die Regelung nicht familiengerichtlich genehmigt worden – und generell der Umgang des Elternteils, bei dem die Kinder sich nicht ständig aufhalten, für die Entwicklung der Kinder von besonderer Bedeutung ist, hätte auch ein bemittelter Rechtssuchender bei dieser Sachlage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt. Die Schwierigkeit der Sache wird im Nachhinein auch dadurch bestätigt, dass selbst das Vermittlungsverfahren am Ende erfolglos geblieben ist.

Mitgeteilt von RiOLG Hans-Joachim Wolf, Köln

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