In seiner Entscheidung hat sich das BAG weitgehend auf gefestigte Rspr. des BGH bezogen. Dies ist auch deshalb gerechtfertigt, weil sich die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten im Berufungs- oder Revisionsverfahren auch in der Arbeitsgerichtsbarkeit nach den in § 91 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 ZPO niedergelegten Grundsätzen bestimmt.

Danach wäre hier sogar eine 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV erstattungsfähig gewesen. Aus der Sicht einer vernünftig und wirtschaftlich denkenden Partei hatte hier die Beklagte nämlich aufgrund des Verhaltens des Klägers hinreichenden Anlass, durch ihre Prozessbevollmächtigten einen dem Berufungszurückweisungsantrag enthaltenden Schriftsatz einreichen zu lassen. Die Beklagte selbst hatte jedoch lediglich die ermäßigte Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV geltend gemacht.

Die Entscheidung des BAG biete darüber hinaus Anlass, auf einige Punkte besonders hinzuweisen.

1. Begriff des Einreichens eines Schriftsatzes

Nach Nr. 3101 Nr. 1 und Abs. 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3201 VV fällt dem Prozessbevollmächtigten nur die in diesen Vorschriften bestimmte ermäßigte Verfahrensgebühr an, wenn sein Auftrag endet, bevor er einen dort näher beschriebenen Schriftsatz eingereicht hat. Das BAG hat kurz auf die Entscheidung des XII. ZS des BGH (AGS 2018, 251 = zfs 2018, 344 m. Anm. Hansens = RVGreport 2018, 179) verwiesen, nach der ein Schriftsatz nicht erst dann eingereicht ist, wenn er tatsächlich dem Gericht zugegangen ist. Nach dieser Entscheidung des BGH ist ein Schriftsatz vielmehr bereits dann eingereicht, wenn er so auf den Weg gebracht worden ist, dass sein Zugang ausschließlich von der Tätigkeit Dritter, etwa eines Postbeförderungsunternehmens, abhängig ist. Kommt es erst nach diesem Zeitpunkt zu einem zur Beendigung des Auftrags führenden Ereignis, etwa bei Rücknahme des Rechtsmittels durch den Gegner, greift die Ermäßigungsvorschrift nicht ein. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Rechtsanwalt alles aus seiner Sicht Notwendige unternommen hat, was bei der Absendung des Schriftsatzes der Fall ist. Anderenfalls würde nämlich das Vergütungsrisiko im Ergebnis auch von der Auswahl des gewählten Übermittlungsweges – per Briefpost, Fax oder als elektronisches Dokument – abhängen.

Mit Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der Verpflichtung des Rechtsanwalts, Schriftsätze dem Gericht als elektronisches Dokument einzureichen, verliert diese Entscheidung des BGH allerdings etwas an Bedeutung, weil der Zeitraum zwischen Absendung des Schriftsatzes als elektronisches Dokument und Eingang bei Gericht sehr gering ist. Die Grundsätze dieser BGH-Entscheidung sind jedoch insbesondere dann von Bedeutung, wenn es dem Rechtsanwalt aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich war, den Schriftsatz als elektronisches Dokument zu übermitteln und er gem. § 130d S. 2 ZPO von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, den Schriftsatz nach den allgemeinen Vorschriften, etwa per Brief, einzureichen.

2. Anwaltstätigkeit vor Rücknahme des Rechtsmittels

Nach Auffassung des BAG setzt der Anfall der nur ermäßigten Verfahrensgebühr voraus, dass der Prozessbevollmächtigte des Rechtsmittelgegners aufgrund des ihm erteilten Auftrags das Geschäft schon vor der Rücknahme des Rechtsmittels betrieben hat. Dabei hat sich das BAG auf die Entscheidung des I. ZS des BGH (AGS 2018, 154 = RVGreport 2018, 143) bezogen, wonach die Einreichung eines Berufungszurückweisungsantrags nach Eingang der Berufungsrücknahme beim Gericht nicht notwendig sei und es auf die subjektive Unkenntnis des Rechtsmittelgegners von dieser Berufungsrücknahme nicht ankomme. Diese Entscheidung ist überholt, was das BAG übersehen hat. Nach nunmehr gefestigter Rspr. des BGH kommt es im Falle der Klage- bzw. Rechtsmittelrücknahme nur darauf an, ob der Gegner bei Einreichung seines Zurückweisungsantrag Kenntnis oder vorwerfbare Unkenntnis von der Rücknahme hatte (BGH – VI. ZS – AGS 2019, 198; BGH – XII. ZS – AGS 2018, 251 = zfs 2018, 344 m. Anm. Hansens = RVGreport 2018, 179 [Hansens]; BGH – V. ZS – AGS 2019, 433 = zfs 2019, 524 m. Anm. Hansens = RVGreport 2019, 344 [Ders.]). Nach der Mitteilung des V. ZS des BGH in dieser Entscheidung hat der I. ZS des BGH, auf dessen Entscheidung sich das BAG hier bezogen hatte, seine gegenteilige Auffassung wieder aufgegeben. Folglich kommt es im Falle der Klage- oder Rechtsmittelrücknahme nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt des Einreichens des Zurückweisungsantrags die Klage bzw. das Rechtsmittel bereits zurückgenommen war, sondern darauf, ob der Beklagte bzw. Rechtsmittelgegner subjektiv Kenntnis hiervon hatte oder Kenntnis haben musste.

3. Umsatzsteuer

In der Praxis gibt es immer wieder Fälle, in denen eine Partei die Umsatzsteuer nur zum Teil zum Vorsteuerabzug verwenden darf. Zutreffend hat das BAG dann den restlichen Anteil der Umsatzsteuer bei der Kostenfestsetzung berücksichtigt.

4. Kosten des Festsetzungsverfahrens

In der Praxis wird es immer wieder übersehen, die Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag mit eine...

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