§§ 11 Abs. 3 S. 2, 12c RVG; § 58 Abs. 1 VwGO

Leitsatz

Der notwendige Inhalt, der dem im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG ergehenden Beschluss beizufügenden Rechtsbehelfsbelehrung richtet sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 58 Abs. 1 VwGO und nicht nach § 12c RVG, der im Unterschied zu § 58 Abs. 1 VwGO weitergehend eine Belehrung auch über die Form des Rechtsbehelfs vorsieht.

OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 14.11.2023 – OVG 3 K 45/23

I. Sachverhalt

Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten einer Partei hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) des VG Potsdam am 19.12.2022 einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss gem. § 11 Abs. 1 RVG erlassen, der dem Mandanten am 23.12.2022 zugestellt worden ist. Diesem Beschluss beigefügt war eine Rechtsbehelfsbelehrung, die Angaben über den einzulegenden Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Frist enthielt. Eine Belehrung über die Form des einzulegenden Rechtsbehelfs enthielt diese Rechtsbehelfsbelehrung nicht.

Mit seinem am 9.1.2023 beim VG Potsdam eingegangenen auf den 4.1.2023 datierten Schreiben hat der Mandant Erinnerung (Antrag auf Entscheidung des Gerichts) eingelegt. Das VG Potsdam hat diese Erinnerung durch Beschl. v. 11.8.2023 mit der Begründung zurückgewiesen, die Erinnerung sei verfristet und ein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Erinnerungsfrist liege nicht vor.

Das OVG Berlin-Brandenburg hat die hiergegen eingelegte Beschwerde des Auftraggebers zurückgewiesen.

II. Anwendbare Verfahrensvorschriften

Gem. § 11 Abs. 3 S. 1 RVG wird im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Vergütung vom UdG festgesetzt. Nach § 11 Abs. 3 S. 2 RVG gelten die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend, hier somit die Vorschriften der VwGO.

1. Frist von zwei Wochen

Nach den Ausführungen des OVG Berlin-Brandenburg waren deshalb hier über § 11 Abs. 3 S. 2 RVG die Vorschriften der §§ 151, 165 VwGO über die Erinnerung im verwaltungsgerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend heranzuziehen. Nach dem somit anwendbaren § 151 S. 1 VwGO könne gegen die Entscheidung des UdG innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Das OVG hat darauf hingewiesen, dass der Auftraggeber diese Frist mit seinem am 9.1.2023 beim VG Potsdam eingegangenen Schreiben nicht gewahrt habe. Da der angefochtene Vergütungsfestsetzungsbeschluss dem Auftraggeber am 23.12.2022 zugestellt worden sei, habe die Frist bereits am 6.1.2023 geendet.

2. Keine Verlängerung der Erinnerungsfrist

Gem. § 58 Abs. 1 VwGO, der im Vergütungsfestsetzungsverfahren über § 11 Abs. 3 S. 2 RVG anwendbar ist, beginnt die Frist zur Einlegung der Erinnerung (Antrag auf Entscheidung des Gerichts) nach § 151 S. 1 VwGO nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung zulässig, wenn keiner der in dieser Vorschrift genannten, hier aber nicht einschlägigen Ausnahmefälle vorliegt.

Nach Auffassung des OVG Berlin-Brandenburg trat hier jedoch an die Stelle der zwei Wochen betragenden Erinnerungsfrist nicht die einjährige Ausschlussfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO. Die dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des UdG des VG Potsdam v. 19.12.2022 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung habe nämlich den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO genügt.

3. Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung

Die Rechtsbehelfsbelehrung im verwaltungsgerichtlichen Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG kann sich entweder nach § 58 Abs. 1 VwGO oder nach § 12c RVG bestimmen. In § 58 Abs. 1 VwGO heißt es insoweit:

Zitat

"Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist."

Demgegenüber lautet § 12c RVG:

Zitat

"Jede anfechtbare Entscheidung hat eine Belehrung über den statthaften Rechtsbehelf sowie über das Gericht, bei dem dieser Rechtsbehelf einzulegen ist, über dessen Sitz und über die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten."

Beide Rechtsbehelfsbelehrungen unterscheiden sich im Wesentlichen darin, dass § 12c RVG auch eine Belehrung über die einzuhaltende Form und Frist des Rechtsbehelfs erfordert, während dies in § 58 Abs. 1 VwGO nicht der Fall ist. Bei Anwendung des § 12c RVG wäre die Rechtsbehelfsbelehrung des UdG des VG Potsdam unvollständig gewesen.

4. § 58 Abs. 1 VwGO vorrangig

Nach Auffassung des OVG Berlin-Brandenburg richtet sich der notwendige Inhalt der einem Vergütungsfestsetzungsbeschluss gem. § 11 RVG beizufügenden Rechtsbehelfsbeleh...

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