Das OVG hat einen Anspruch auf Ausgleich eines immateriellen Nachteils nach § 173 S. 2 VwGO, § 198 GVG wegen einer unangemessenen Dauer des vor dem VG durchgeführten Kostenfestsetzungsverfahrens verneint. Bei einem Kostenfestsetzungsverfahren einschließlich des gerichtlichen Erinnerungsverfahrens gem. §§ 164 f. VwGO handele es sich zwar um ein eigenständiges Gerichtsverfahren i.S.v. § 198 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 GVG (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.2.2021 – 5 C 15.19 D, NVwZ 2022, 86). Der Kläger sei jedoch für den von ihm ausdrücklich im eigenen Namen verfolgten Entschädigungsanspruch nicht aktivlegitimiert.

1. Verfahrensbeteiligter – Grundsätze

Materielle oder immaterielle Entschädigung stehe gem. § 198 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 GVG einem Verfahrensbeteiligten zu. § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG definiere diesen als jede Partei und jeden Beteiligten eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt seien. Maßgebend sei danach die Beteiligtenstellung in dem als überlang gerügten Ausgangsverfahren. Mit der Einordnung von Parteien und Beteiligten als Verfahrensbeteiligte berücksichtige die Vorschrift den in den verschiedenen Prozessordnungen unterschiedlichen Sprachgebrauch (BT-Drucks 17/3802, 23). Dies lege ein funktionsgebundenes Verständnis nahe (vgl. Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., 2021, § 198 Rn 10; Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Februar 2021, § 173 Rn 341).

Von der Entschädigungsregelung werden nach Auffassung des OVG Berlin-Brandenburg demzufolge diejenigen Personen erfasst, die nach Maßgabe der jeweiligen Prozessordnungen kraft eigenen Rechts gestaltend auf den Prozessgegenstand des Verfahrens einwirken und die durch eine Verzögerung des Verfahrens in ihren Rechten beeinträchtigt werden können (vgl. Roderfeld, in: Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2012, GVG § 198 Rn 190; Mayer, in: Kissel/Mayer, a.a.O., § 198 Rn 10; Lückemann, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., 2020, GVG § 198 Rn 12). Demgegenüber fallen – so das OVG – die Prozessbevollmächtigten einer Partei bzw. eines Beteiligten aufgrund der fehlenden eigenen Rechte in Bezug auf den Verfahrensgegenstand und ihrer nur unterstützenden Funktion nicht unter den Begriff des Verfahrensbeteiligten i.S.v. § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG (vgl. BT-Drucks 17/3802, 23; Lückemann, a.a.O., GVG § 198 Rn 12; MüKo-ZPO/Zimmermann, 5. Aufl., 2017, GVG § 198 Rn 20; Kissel/Mayer, a.a.O., § 198 Rn 11; Marx/Roderfeld, a.a.O., GVG § 198 Rn 190).

2. Verfahrensbeteiligter im Kostenfestsetzungsverfahren

Für das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO gilt nach Auffassung des OVG nichts anderes. Gegenstand dieses Verfahren sei nach dem Wortlaut der Norm der "Betrag der zu erstattenden Kosten". Damit knüpfe es unmittelbar an die in der gerichtlichen Kostenentscheidung des vorangegangenen Erkenntnisverfahrens erfolgte Zuordnung der Verfahrenskosten zu den Beteiligten dieses Gerichtsverfahrens an und diene nur noch der betragsmäßigen Bezifferung des danach festgelegten materiellen Kostenerstattungsanspruchs. Entschieden werde ausschließlich im Verhältnis der Beteiligten des Erkenntnisverfahrens untereinander über deren zu erstattende Kosten. Beteiligte am Kostenfestsetzungsverfahren einschließlich des Erinnerungsverfahrens können daher nur die Personen sein, die nach der Kostengrundentscheidung zur Kostenerstattung berechtigt oder verpflichtet sind, nicht aber deren anwaltliche Vertreter, die nicht zu den in § 63 VwGO aufgeführten Beteiligten zählen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.1997 – 1 BvR 1174/90 n. 7; OVG Berlin-Brandenburg, Besch. v 19.9.2017 – OVG 3 K 96.17, RVGreport 2018, 29; OVG Münster, Beschl. v. 25.11.2011 – 1 E 32/11 m.w.N.; VGH Kassel, Beschl. v. 23.10.1986 – 10 TJ 1586/86; VGH Mannheim, Beschl. v. 29.1.1990 – 5 S 1030/87; OVG Koblenz DVBl. 1985, 1075; VGH München BayVBl. 1977, 611; Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., 2018, § 164 Rn 38, § 165 Rn 15; Olbertz, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Februar 2021, § 164 Rn 7, § 165 Rn 4; Just, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl., 2021, VwGO § 164 Rn 12, § 165 Rn 2; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl., 2014, § 164 Rn 1, § 165 Rn 2). Vor diesem Hintergrund ist die vereinzelt – vor allem in der älteren Rspr. – vertretene gegenteilige Auffassung (u.a. OVG Weimar, Beschl. v. 4.8.1998 – 2 VO 386/96; VGH Kassel, Beschl. v. 21.1.1988 – 2 TI 2628/87 – juris Rn 1; OVG Lüneburg, Beschl. v. 21.4.1972 – III B 16/72 – NJW 1972, 2015; Hug, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl., 2021, § 165 Rn 4; Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl., 2018, § 165 Rn 3; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., 2019, § 165 Rn 4) abzulehnen. Unabhängig davon ergäbe sich hier nach Auffassung des OVG auch nichts anderes, wenn man der abweichenden Auffassung folgte, weil der Kläger...

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