Spannend bleibt die Entscheidung insbesondere für die zahlreichen Altfälle, die es in der Insolvenz noch vor dem 1.1.2021 gibt. Seit diesem Datum ist die Bestimmung des § 58 GKG modifiziert worden (s.o. II.) und der Streit um die Höhe der Berechnungsgrundlage der Gerichtskosten darf als beendet betrachtet werden. Streitbefangen bleibt hingegen die Frage, wie in solchen Altfällen zu verfahren ist.

Das OLG Schleswig-Holstein hat mit seiner Entscheidung einen wichtigen Schritt zur Klärung dieses Streites für Altfälle beigetragen. Bei der Verwaltervergütung war dieser Streit schon längst nach dem Motto "Schutz der Masse vor Auszehrung durch die Verwaltervergütung" geklärt: Wird das Unternehmen des Schuldners fortgeführt, ist nur der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben der Fortführung zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 2 Nr. 4b InsVV). Die Vorschrift hat systematisch zwei Auswirkungen. Zum einen werden Vergütungsanreize für den erfolgreich fortführenden Insolvenzverwalter geschaffen. Zum anderen wird dadurch eines der Prinzipien der Berechnungsgrundlage statuiert, wonach eine Erhöhung der Insolvenzmasse, die durch den Einsatz von Insolvenzmasse bewirkt wird, nur in Höhe des überschießenden Betrages die Berechnungsgrundlage für die Verwaltervergütung erhöht. Systematisch richtig bestimmt § 1 Abs. 2 Nr. 4b InsVV, dass in einem solchen Fall nur die tatsächliche Erhöhung der Insolvenzmasse, also der Überschuss der Einnahmen über den Ausgaben, die Berechnungsgrundlage erhöht. Würde man den Ansatz verfolgen, den gesamten Umsatz in die Berechnungsgrundlage des Insolvenzverwalters einzubeziehen, wäre das Ergebnis nämlich häufig eine hohe Berechnungsgrundlage und eine hohe Vergütung, die gleichzeitig aber dann die um die Massekosten geminderte verbleibende Masse und damit den "Ertrag" in Form einer Quote für die Gläubiger minimiert. Bei der Ermittlung des Überschusses sind alle Ausgaben zu berücksichtigen, die durch die Unternehmensfortführung erstmalig entstehen oder dadurch gekennzeichnet sind, dass der Insolvenzverwalter die in der Masseverbindlichkeit verkörperte Leistung für die Unternehmensfortführung in Anspruch nimmt (BGH, Beschl. v. 21.7.2011 – IX ZB 148/10, ZInsO 2011, 1615; krit. Keller, DZWIR 2009, 231). Wird das Unternehmen des Schuldners also fortgeführt, so ist bei der Vergütung des Insolvenzverwalters unstreitig nur der Überschuss zu berücksichtigen, der sich nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen ergibt. Ein Fortführungsverlust führt hingegen nicht zur Reduzierung der Berechnungsgrundlage.

Der Verwalter muss den Überschuss transparent in eigenen Berechnung, der sog. Vergleichsberechnung, darlegen. Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 InsO, die durch die Unternehmensfortführung erstmalig entstehen oder die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Verwalter die in der Masseverbindlichkeit verkörperte Leistung für die Unternehmensfortführung in Anspruch nimmt, insbesondere die Kündigungsfristlöhne gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO, sind durch Abzug zu berücksichtigen. Von den erzielten Einnahmen sind die durch die Betriebsfortführung begründeten Masseverbindlichkeiten abzusetzen. Dabei sind auch solche Aufwendungen zu berücksichtigen, die auch dann angefallen wären, wenn das Unternehmen nicht fortgeführt worden wäre ("Sowieso-Kosten" oder "Auslaufverbindlichkeiten").

Bei den Gerichtskosten war die Beantwortung der Frage streitig (s.o.). Bewertend muss man allerdings sagen, dass das Argument, die Masse vor Auszehrung durch Masseverbindlichkeiten (also Insolvenzverwaltergebühren) zu schützen, gleichfalls für die Gerichtskosten gelten muss, die ebenfalls vorrangige Masseverbindlichkeiten darstellen. Folglich wird durch die Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein nun auch für Altfälle vor dem 1.1.2021 ein Gleichklang zwischen Insolvenzverwaltervergütung und Gerichtskosten geschaffen, was die Berechnungsgrundlage derer betrifft.

Dipl.-RPfleger Stefan Lissner, Konstanz

AGS 2/2022, S. 94 - 96

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