Der Rechtsanwalt ist dem Angeklagten noch vor dessen Festnahme am 22.2.2019 als Pflichtverteidiger bestellt worden. Der Angeklagte ist vom LG Neuruppin u.a. wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes verurteilt worden. Das Urteil ist seit dem 26.8.2020 rechtskräftig. Darüber hinaus war der Rechtsanwalt dem Angeklagten in einem Strafverfahren vor dem LG Berlin, in dem der Angeklagte u.a. wegen räuberischer Erpressung verurteilt wurde, als Pflichtverteidiger beigeordnet. Dieses Urteil ist seit dem 1.9.2021 rechtskräftig.

Der Rechtsanwalt hat sowohl beim LG Berlin (Differenzgebühr i.H.v. 2.357,54 EUR) als auch beim LG Neuruppin (Differenzgebühr i.H.v. 2.423,13 EUR) die Feststellung beantragt, dass der Angeklagte ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts zur Zahlung der Gebühren eines gewählten Verteidigers in der Lage sei. Das LG Berlin hat dem Antrag des Angeklagten stattgegeben. Seine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das KG verworfen.

Der Rechtsanwalt hat ausgeführt, der Angeklagte habe keine Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Dritten. Ob der Angeklagte, der sich seit dem 6.2.2019 in Haft befinde, gegenwärtig Einkünfte erziele, sei nicht bekannt. Der Rechtsanwalt habe jedoch im Auftrag des Angeklagten Honoraransprüche des Angeklagten aus geleisteter Übersetzungstätigkeit gegenüber dem Jugendamt in den Monaten Juni und Juli 2018 geltend gemacht. Dieses habe daraufhin insgesamt 4.749,50 EUR auf das Konto des Rechtsanwalts überwiesen. Zwischen ihm und seinem Mandanten habe die Absprache bestanden, dass bei Fälligkeit der Differenzgebühr für die Verfahren vor dem LG Berlin und dem LG Neuruppin die Zahlung des Jugendamtes beim Rechtsanwalt verbleiben solle. Von diesem Betrag seien lediglich 150,00 EUR abzuziehen, welche bereits auf das Gefangenenkonto des Angeklagten eingezahlt worden seien. Ende des Jahres 2020 habe der Angeklagte dann überraschend um Rechnungslegung und die Einzahlung des verbleibenden Betrages i.H.v. 4.599,50 EUR auf das Gefangenenkonto gebeten. Er habe daraufhin am 5.1.2021 gegenüber dem Angeklagten die Aufrechnung erklärt, nämlich mit der Forderung aus dem hiesigen Verfahren i.H.v. 2.423,13 EUR sowie mit der Forderung aus dem Verfahren vor dem LG Berlin i.H.v. 2.357,54 EUR nebst den Forderungen aus der zivilrechtlichen Geltendmachung der Honoraransprüche des Angeklagten i.H.v. insgesamt 561,20 EUR. Da der Angeklagte der Aufrechnung widersprochen habe, sei die Feststellung der Leistungsfähigkeit des Angeklagten durch das Gericht erforderlich.

Die zuständige Rechtspflegerin bei dem LG Neuruppin (§ 22 RPflG) hat den Antrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Sie hat das im Wesentlich damit begründet, dass ausgehend von dem vorhandenen Vermögen des Angeklagten i.H.v. 4.599,50 EUR nach Abzug des Schonvermögens i.H.v. 5.000,00 EUR kein einsetzbares Vermögen, welches für die Feststellung der Leistungsfähigkeiten heranzuziehen wäre. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Pflichtverteidigers hatte Erfolg.

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