In verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig (§ 162 Abs. 2 S. 1 VwGO). Ein Verweis auf § 91 Abs. 2 ZPO fehlt hier. Die Erstattungsvorschrift differenziert – anders als § 91 ZPO – nicht nach einem Anwalt, der am Gerichtsort ansässig ist, im Gerichtsbezirk niedergelassen ist oder außerhalb wohnt und dort niedergelassen ist.

Insoweit hat das BVerwG[1] Folgendes klargestellt:

 
Hinweis

"§ 162 Abs. 2 S. 1 VwGO bestimmt, dass Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigten stets erstattungsfähig sind. Eine Einschränkung des Inhalts, dass Reisekosten eines nicht am Sitz des Gerichts tätigen oder wohnenden Rechtsanwalts nur erstattungsfähig sind, wenn seine Zuziehung notwendig war, kennt die Verwaltungsgerichtsordnung nicht. Die für den Zivilprozess insoweit in § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO getroffene Regelung findet über § 173 VwGO keine Anwendung. Der Gesetzgeber wollte die Beteiligten im Verwaltungsprozess nämlich bei der Wahl eines Rechtsanwalts ihres Vertrauens freier stellen (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., 2004, § 162 Rn 10; Olbertz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Februar 2007, § 162 Rn 49), um es ihnen zu erleichtern, einen im Verwaltungsrecht qualifizierten Anwalt zu finden (vgl. BT-Drucks 3/55, 48)."

Ebenso hat das OVG Sachsen entschieden:

 
Hinweis

Eine § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO inhaltlich entsprechende Einschränkung des Inhalts, dass Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts nur erstattungsfähig sind, wenn dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig war, gibt es nach der VwGO nicht.

Sächsisches OVG, Beschl. v. 3.11.2016 – 1 F 12/16[2]

Ungeachtet dessen wird in der Rspr. vielfach die Auffassung vertreten, dass die Anwendung des § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO auf die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines Anwalts zur Wahrnehmung gerichtlicher Termine unter dem Vorbehalt des § 162 Abs. 1 VwGO stehe, wonach es sich um zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen handeln müsse. Dem daraus herzuleitenden Grundsatz der Kostenminimierung sei bei der Anwaltswahl Rechnung zu tragen, indem ein Anwalt aus dem Gerichtsbezirk beauftragt werden müsse.[3] Dessen Reisekosten seien dann immer erstattungsfähig.

So zuletzt auch:

 

Erstattung von Reisekosten eines auswärtigen Anwalts im Gerichtsbezirk

Reisekosten eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts sind grundsätzlich ohne Notwendigkeitsprüfung zu erstatten. Eine Partei ist nicht gehalten, einen am Gerichtsort oder an ihrem Wohnort ansässigen Anwalt zu beauftragen.

VG Würzburg, Beschl. v. 23.1.2009 – W 4 M 08.1340[4]

 

Erstattungsfähigkeit von anwaltlichen Fahrtkosten

Die Kosten, die einem Anwalt durch die Fahrt von seiner Kanzlei zu einer mündlichen Verhandlung bei einem erstinstanzlichen Verwaltungsgericht entstehen, sind erstattungsfähig, wenn der Sitz der Kanzlei im festgelegten Gerichtsbezirk liegt.

VG Koblenz, Beschl. v. 6.8.2012 – 7 K 63/12.KO[5]

 

Erstattungsfähigkeit von anwaltlichen Fahrtkosten

1. Die Reisekosten eines Anwalts aus dem Gerichtsbezirk sind ohne weitere Notwendigkeitsprüfung zu erstatten.

2. Eine Differenzierung innerhalb des Gerichtsbezirks, bis zu welcher Entfernung vom Gerichtssitz bzw. vom Ort Reisekosten noch als erstattungsfähig zu beurteilen sind bzw. ab welcher Entfernung eine Kostenerstattung ausgeschlossen ist, kommt nicht in Betracht.

VG Augsburg, Beschl. v. 6.7.2016 – Au 5 M 16.949

Zutreffenderweise darf hier – wie das BVerwG zu Recht ausführt – keine Notwendigkeitsprüfung durchgeführt werden. Anders als nach anderen Erstattungsregeln sind nämlich nicht nur die notwendigen Kosten eines Anwalts zu erstatten, sondern die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts ohne Einschränkung.

Daher darf sich nach zutreffender Ansicht eine Partei in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch einen Anwalt außerhalb des Gerichtsbezirks nehmen, ohne dessen Notwendigkeit im Einzelnen begründen zu müssen. Eine Begrenzung kann lediglich bei Rechtsmissbrauch oder Mutwilligkeit angenommen werden.

Soweit gesetzeswidrig hinsichtlich der Reisekosten eine Notwendigkeitsprüfung angestellt wird, kann auf die Rspr. zu den Zivilsachen Bezug genommen werden.

 

Erstattung anwaltlicher Reisekosten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit

1. Ist die Beauftragung eines außerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalts nicht notwendig, sind zumindest diejenigen Reisekosten erstattungsfähig, die bei einer (fiktiven) Anreise des Prozessbevollmächtigten von dem am weitesten vom Gerichtssitz entfernten Ort des Gerichtsbezirks entstanden wären.

2. Dabei bildet die Höhe der tatsächlich entstandenen Reisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Grenze der Erstattungsfähigkeit.

VG Magdeburg, Urt. v. 27.1.2017 – 3 E 299/16[6]

Rechtsanwalt Norbert Schneider

AGS 2/2020, S. 95 - 97

[1] NJW 2007, 3656 = DÖV 2008, 209 = BayVBl 2008, 157 = Buchholz 310, § 162 VwGO Nr. 44 = DVBl 2007, 1449 = ZUR 2007, 608 = NJ 2008, 87 = RVGreport 2008, 65 ...

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