1. Die Entscheidung ist m.E. im Ergebnis zutreffend. Der Begründung des LG kann man allerdings nicht in allen Punkten folgen. Zutreffend ist es, wenn das LG letztlich vornehmlich darauf abstellt, dass dem Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB, Art. 34 GG entgegensteht, dass die gesamte Kanzlei des Klägervertreters ab Beginn der Reise "verwaist" war und überdies der Klägervertreter für den Empfang einer mittels beA übermittelten Nachricht nicht gesorgt hatte. Das ist sicherlich eine Verletzung der wohl bestehenden Pflicht für den Rechtsanwalt, ggf. dafür zu sorgen, dass ihn Nachrichten von der Aufhebung des Termins unverzüglich, jedenfalls aber rechtzeitig, erreichen. Man wird dem LG auch noch folgen können, dass die Abreise schon am Vortag in der Tat ein wenig früh war, wobei man allerdings nicht übersehen darf, dass die Fahrt von Lübeck nach München ging. Das sind rund 830 km und – nach Google – eine Fahrtzeit von rund 7 Stunden 40 Minuten, die im Januar bei ggf. winterlichen Straßenverhältnissen zurückzulegen war. Unzutreffend ist die Entscheidung des LG dann aber auf jeden Fall, wenn das LG dem Klägervertreter ggf. auch eine Zugfahrt am Terminstag von Lübeck nach München "zumutet", die laut Reiseplaner der DB auch rund 7 Stunden 23 Minuten gedauert hat. Ob bei den bekannten "Schwierigkeiten" der DB der vom LG geforderte Fahrtantritt um 07.00 Uhr morgens gereicht hätte, um rechtzeitig um 15.15. Uhr beim ArbG in München zu sein, erscheint mit fraglich.

2. Das Urteil ich nicht rechtskräftig. Wir werden zu den entscheidungserheblichen Fragen, dann sicherlich demnächst etwas vom OLG München hören. Dabei dürfte auch von Interesse sein, wie das OLG ggf. zu dem vom LG verneinten Schaden Stellung nehmen wird.

3. Fazit aus der Klageabweisung ist aber auf jeden Fall: Der Anwalt sollte sein beA nicht verwaisen bzw. unbeaufsichtigt lassen. Entweder hat eine Kanzleikraft eingehende Nachrichten auf ihre Bedeutung für den Rechtsanwalt und von ihm wahrzunehmende Termine zu prüfen oder man muss als Rechtsanwalt für eine Weiterleitung von Nachrichten sorgen.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 1/2024, S. 47 - 48

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