Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruhe hinsichtlich der Gerichtsgebühren sowie der notwendigen Auslagen des Angeklagten im Berufungs- und Revisionsverfahren auf § 473 Abs. 4 S. 1 und 2 StPO, und hinsichtlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten in erster Instanz auf § 465 Abs. 2 StPO analog.

1. § 473 StPO und analoge Anwendung von § 465 Abs. 2 StPO

Die vom AG angeordnete sowie vom LG bestätigte Einziehung des Mobiltelefons ist auf die Revision des Angeklagten hin aus Rechtsgründen ebenso weggefallen wie der Gesamtstrafenausspruch des LG. Das Rechtsmittel der Revision und in dessen Folge auch das Rechtsmittel der Berufung hatten somit jeweils teilweise Erfolg. Dieser Erfolg müsse sich in der nach § 473 Abs. 4 StPO zu treffenden Kostenentscheidung, die nur die Kosten des Rechtsmittels, nicht die der ersten Instanz betrifft (vgl. KK-StPO/Gieg, 9. Aufl., 2023, § 473 Rn 7), ebenso niederschlagen wie für die vom Senat in entsprechender Anwendung des § 465 Abs. 2 S. 3 StPO zu treffende Kostenentscheidung erster Instanz (vgl. zum Ganzen BGH, Beschl. v. 25.2.2021 – 1 StR 423/20, AGS 2021, 287 = NJW 2021, 1829; v. 6.10.2021 – 1 StR 311/20, AGS 2022, 369; zu letzterem – § 465 Abs. 2 StPO analog – auch BGH, Beschl. v. 13.10.2021 – 4 StR 270/21). Da der Senat bezüglich der Einziehungsanordnung in der Sache selbst entscheide, sei ihm auch insoweit – nicht anders als etwa bei einem Teilfreispruch (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO) – die Entscheidung über die zugehörigen Kosten des gesamten Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Beteiligten zugewiesen (vgl. BGH, Beschl. v. 25.2.2021 – 1 StR 423/20, a.a.O.).

Gem. § 473 Abs. 4 S. 1 StPO habe das Gericht bei teilweisem Erfolg eines Rechtsmittels die Gebühr zu ermäßigen und die (gerichtlichen) Auslagen teilweise oder ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Entsprechendes gelte für die notwendigen Auslagen der Beteiligten (§ 473 Abs. 4 S. 2 StPO).

Eine Unbilligkeit in diesem Sinne liege vor (s. nachfolgend), sodass der Angeklagte hinsichtlich der Gerichtskosten und seiner notwendigen Auslagen zu entlasten sei. Im Ergebnis habe dies den Wegfall der allein aufgrund der Nebenfolge der Einziehung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) zusätzlich entstandenen und damit ohne Weiteres ausscheidbaren Kosten des Verfahrens und die Erstattung der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten durch die Staatskasse zur Folge. Das betreffe nur die hinsichtlich der Einziehung im Berufungs- und im Revisionsverfahren gem. dem Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz (im Folgenden: GKG KV) entstandenen zusätzlichen Gerichtsgebühren von pauschal jeweils 78,00 EUR (vgl. Teil 3, Hauptabschnitt 4 ,Vorbem. 3.4 Abs. 1 S. 2, Abschnitt 3 Nr. 3430 und Abschnitt 4, Nr. 3440 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG; s. hierzu nachfolgend) sowie die dem Verteidiger gem. dem VV für jede Instanz zustehende zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV, nicht jedoch durch die Sicherstellung des Mobiltelefons möglicherweise entstandene gerichtliche Auslagen (s. hierzu nachfolgend).

2. Unbilligkeit

Nach Auffassung des BayObLG lasse es der Wegfall der Einziehung des Mobiltelefons des Angeklagten auf dessen Revision hin als unbillig erscheinen, dem Angeklagten sämtliche Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Bei der gem. § 473 Abs. 4 StPO zu treffenden Billigkeitsentscheidung komme regelmäßig wesentlich auf den Umfang des erzielten Teilerfolges an (vgl. zum Ganzen BGH, Beschl. v. 21.12.2021 – 3 StR 381/21, NStZ-RR 2022, 109). Wenn man hier allein die Hauptsacheentscheidung – also den Schuld- und Strafausspruch – betrachte, liege kein derartiger Teilerfolg der Revision des Angeklagten vor. Denn dieser hat mit seinem in der Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht gestellten Schlussantrag Freispruch beantragt und verfolgt dieses Hauptziel weiter, wie sich aus der Revisionsbegründung ergebe. Demgegenüber führe aber der Wegfall der von beiden Vorinstanzen angeordneten Einziehung des Mobiltelefons iPhone 11 im Wert von rund 700 EUR zu einem wesentlichen Teilerfolg der Rechtsmittel, der es angesichts der Einkommensverhältnisse des Angeklagten als unbillig erscheinen lassen würde, den Angeklagten mit den gesamten Verfahrenskosten zu belasten. Daher sei unter Berücksichtigung des im strafrechtlichen Kostenrecht geltenden Veranlassungsprinzips (vgl. ausführlich BVerfGK 8, 285; BVerfG, Beschl. v. 28.12.2019 – 2 BvR 211/19) eine Entlastung des Angeklagten von den aufgrund der Anordnung der Einziehung entstandenen Gebühren und notwendigen Auslagen nach Billigkeit geboten.

3. Begründung der Kosten- und Auslagenentscheidung im Übrigen

a) Gerichtsgebühren

Das BayObLG begründet sodann die im vorliegenden (Sonder-)Fall eines vollständigen Obsiegens des Angeklagten mit den Rechtsmitteln der Revision und der Berufung hinsichtlich der Nebenfolge der Einziehung bei einem nur unwesentlichen Obsiegen in der Hauptsache von ihm getroffene Kostenentscheidung. Es hält es angesichts des gesonderten...

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