1. Gesetzliche Regelung

Gem. § 162 Abs. 1 VwGO, der die Erstattungsfähigkeit von Kosten regelt, sind die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens erstattungsfähig. Nach § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Insoweit unterscheidet sich diese Vorschrift von der Regelung in § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, der u.a. für den Zivilprozess gilt, wonach die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei zu erstatten sind.

2. Höhe der erstattungsfähigen Anwaltskosten

Das OVG Lüneburg hat die Auffassung des VG Osnabrück geteilt, wonach zu den von der Beklagten aufgrund der Kostenentscheidung zu erstattenden Anwaltskosten lediglich die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts auf der Grundlage des RVG zu verstehen seien. Diese habe der UdG des VG Osnabrück bereits in seinem Kostenfestsetzungsbeschl. v. 18.10.2022 zugunsten des Klägers festgesetzt. Für die Festsetzung weiterer, auf der Vergütungsvereinbarung zwischen dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten beruhenden Anwaltskosten fehle es an einer Rechtsgrundlage.

3. Nur gesetzlich bestimmte Gebühren und Auslagen erstattungsfähig

Dies hat das OVG Lüneburg damit begründet, dass gem. § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO stets nur die gesetzlich bestimmten Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts erstattungsfähig seien. Insoweit hat das OVG auf die Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg (AGS 2023, 120 [Hansens]) verwiesen.

a) Abweichender Wortlaut des § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO von § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO

Dem steht nach den weiteren Ausführungen des OVG Lüneburg nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut des § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO anders als nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO die erstattungsfähigen Anwaltskosten nicht ausdrücklich auf die "gesetzlichen" Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts beschränkt sind. Das OVG hat keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die fehlende Verwendung des Wortes "gesetzlich" im Text des § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO davon motiviert gewesen sein könnte, dass für den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit eine von der gesetzlichen Vergütung abweichende höhere Anwaltsvergütung erstattungsfähig wäre. Nach Auffassung des OVG ist vielmehr davon auszugehen, dass die sprachliche Fassung in dem jetzigen § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO deshalb erfolgt sei, weil die Hinzufügung des Wortes "gesetzlich" entbehrlich und überflüssig erschien. Unter den Gebühren und Auslagen sei nämlich ohnehin nur die gesetzliche Vergütung des Rechtsanwalts zu verstehen.

b) Keine abweichende Gesetzesauslegung

Eine gegenteilige Gesetzesauslegung führte nach den weiteren Ausführungen des OVG Lüneburg zu einer Änderung des gesamten Gefüges der Kostenfestsetzung hinsichtlich von Anwaltskosten. Denn sonst müsse die Prüfung der Angemessenheit einer von den gesetzlichen Gebühren und Auslagen abweichenden höheren Vergütungsvereinbarung in das Kostenfestsetzungsverfahren verlagert werden. Wenn der Gesetzgeber eine so weitgehende Verschiedenheit der Kostenerstattung für die anwaltliche Vertretung im Verwaltungsprozess einerseits von derjenigen im Zivilprozess andererseits beabsichtigt hätte, so hätte dies in § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO klarer zum Ausdruck kommen müssen (s. auch OVG NRW NJW 1969, 709).

Nach den weiteren Ausführungen des OVG Lüneburg wird die für sämtliche Kostenpositionen in § 162 Abs. 1 VwGO getroffene Regelung, wonach nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen erstattungsfähig sind, für die durch die Vertretung durch einen Rechtsanwalt angefallenen Kosten in § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO konkretisiert. Für die Anwaltskosten sei es grds. entbehrlich, die Notwendigkeit der Zuziehung des Rechtsanwalts im Einzelfall zu prüfen. Gleiches gelte i.Ü. auch für die Höhe der hierdurch entstandenen Aufwendungen, soweit im Rahmen der Kostenerstattung die gesetzliche Anwaltsvergütung geltend gemacht werde (OVG Lüneburg, Beschl. v. 6.3.2019 – 5 OA 23/19). Dies hat nach Auffassung des OVG Lüneburg zur Folge, dass § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO als lex specialis einen Rückgriff auf § 162 Abs. 1 VwGO hinsichtlich der über die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts hinausgehenden Aufwendungen, die auf einer Vergütungsvereinbarung mit dem Rechtsanwalt beruhen, ausschließt (Bay. VGH BayVBl 2014, 661).

4. Keine Notwendigkeit

I.Ü. hat das OVG Lüneburg die Auffassung vertreten, dass die dem Kläger über die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen hinaus aufgrund der Vergütungsvereinbarung entstandenen Kosten jedenfalls nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen wäre. Ob Kosten i.S.v. § 162 Abs. 1 VwGO notwendig sind, beurteilt sich nach den weiteren Ausführungen des OVG danach, wie ein verständiger Beteiligter, der bemüht sei, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, in gleicher Lage seine Interessen wahrgenommen hätte. Das OVG hat...

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