§ 162 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VwGO; Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG; §§ 670, 675 BGB

Leitsatz

Großformatige Kopien oder Ausdrucke, die das DIN A3-Format übersteigen, z.B. von Bauplänen, Bauzeichnungen oder Bebauungsplänen, können im Regelfall nicht auf handelsüblichen Kopierern hergestellt werden. Da die entsprechenden Kopien daher im Regelfall nicht durch einen Rechtsanwalt, sondern nur durch externe Dienstleister hergestellt werden können, sind diese als konkrete Kosten umzulegen.

OVG Münster, Beschl. v. 1.9.2023 – 7 E 107/23

I. Sachverhalt

Die Beigeladene hat im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens vor dem VG Köln (2 K 4000/19) eine Rechnung des Reprografischen Betriebs H. vom 25.10.2019 vorgelegt. Aus dieser ergeben sich folgende Kosten:

a) Posten i.H.v. 32,40 EUR "54,00 falten auf DIN A4" sowie i.H.v. 6,00 EUR "1,00 in Ordner sortieren", insgesamt 38,40 EUR.
b) Posten für die Anfertigung von "54,00 Farb Scan ab DIN A2" i.H.v. 729,00 EUR und i.H.v. 9,00 EUR "9,00 Scan ab 10 Seiten DIN A4 / DIN A3", insgesamt 738,00 EUR.
c) Posten "19,00 Farb-Grosskopie DIN A1" i.H.v. 133,00 EUR, "35,00 Farb-Grosskopie DIN A2 folge Kopien" i.H.v. 122,50 EUR und "8,00 Color Kopien / Digitaldruck DIN A3" i.H.v. 12,80 EUR, insgesamt 268,30 EUR netto.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) des VG Köln hat die von der Beigeladenen mit Rechnung des Reprografischen Betriebs H. vom 25.10.2019 geltend gemachten Kosten gegen den Kläger durch Kostenfestsetzungsbeschl. v. 21.9.2020 festgesetzt. Hiergegen hat der Kläger Erinnerung eingelegt. Das VG Köln hat mit Beschl. v. 17.1.2023 die Erinnerung zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde gegen den Beschl. des VG Köln v. 17.1.2023 über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschl. v. 21.9.2020 ist zulässig. Das VG Köln hat die Erinnerung zu Unrecht zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Festsetzung von Fotokopier- und Scankosten über einen Betrag von 268,30 EUR hinaus gerichtet hat.

II. Erstattungsfähigkeit von Auslagen

1. Allgemeines

Zu den Kosten im Verwaltungsgerichtsverfahren zählen neben den Gerichtskosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten, § 162 Abs. 1 VwGO. Gem. § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO sind die Auslagen eines Rechtsanwaltes stets erstattungsfähig. Bei Rechtsanwälten sind hierbei die Bestimmungen des RVG zu beachten (Kunze, in: BeckOK VwGO, Posser/Wolff/Decker, 67. Ed., Stand: 1.10.2023, § 162 VwGO Rn 67). Gem. § 1 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt sich die Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten, zu der auch die Auslagen zählen, nach dem RVG. Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem VV der Anlage 1 zum RVG, § 2 Abs. 2 S. 1 RVG. Gem. Vorbem. 7 Abs. 1 VV sind mit den Gebühren die allgemeinen Geschäftsunkosten abgegolten. Darüber hinaus können zusätzlich Auslagen in Rechnung gestellt werden, die in den Pauschaltatbeständen der Nrn. 7000 ff. VV aufgeführt sind. Sofern in Teil 7 VV zu geltend gemachten Auslagen keine Tatbestände aufgeführt sind, kann auch Ersatz im Rahmen des Auftrages entstandenen Aufwendungen geltend gemacht werden, Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV, §§ 670, 675 BGB.

Ob bestimmte ihrer Art nach erstattungsfähige Aufwendungen zur Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendig waren, ist grds. durch den UdG im Kostenfestsetzungsverfahren zu überprüfen (Kunze, in: BeckOK VwGO, a.a.O., § 162 VwGO Rn 51). Was in diesen Kontext zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eines Verfahrens notwendig ist, bestimmt sich nicht nach der subjektiven Ansicht des Rechtsanwaltes, sondern nach dem objektiven Standpunkt eines verständigen und durchschnittlich erfahrenen Prozessbevollmächtigten (Dritten) zum Zeitpunkt des Entstehens (BGH MDR 2005, 956 f.; Lissner/Dietrich/Schmidt, Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 4. Aufl., 2022, Rn 331a; Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl., 2023, VV 7000 Rn 11). Dabei kommt es auf die Verfahrensart und die konkrete Komplexität des Sachverhalts an (Sommerfeldt/Sommerfeldt, BeckOK RVG, v. Seltmann, 61. Ed., Stand: 1.9.2023, § 46 RVG Rn 8, 9). Dabei ist der allgemeine Kostengrundsatz zu beachten, die Verpflichtung zur Kostenerstattung möglichst gering zu halten (BGH NJW-RR 2011, 230 f.).

2. Geltend gemachte Kosten

a) Posten "54,00 falten auf DIN A4" sowie "1,00 in Ordner sortieren", i.H.v. insgesamt 38,40 EUR

Hierbei handelt es sich um Tätigkeiten im Rahmen der Aktenführung. Begrifflich fallen das Falten von Papier und Einsortieren in Ordner schon nicht unter die Tatbestände der Nrn. 7000 ff. VV. Hierunter fallen nur vom Rechtsanwalt hergestellte oder überlassene Dokumente (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 26. Aufl., 2023, VV 7000 Rn 10). Die unter diesem Posten geltend gemachten Kosten sind daher mit den allgemeinen Geschäftskosten mitabgegolten, Vorbem. 7 Abs. 1 VV.

b) Posten "54,00 FarbScan ab DIN A2" und "9,00 Scan ab 10 Seiten DIN A4 / DIN A3", i.H.v. insgesamt 738,00 EUR

Im Rahmen des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23.7.2013 (2. KostRMoG, Inkrafttreten 1.8.2013, BGBl I 2013, 258...

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