Ist hinsichtlich bestimmter Kosten des Rechtsstreits bereits eine rechtskräftige Kostenentscheidung ergangen, ist bei der Auslegung der im Vergleich getroffenen Kostenvereinbarung zu berücksichtigen, dass sich die Vereinbarung wegen § 308 Abs. 2 ZPO nur auf die noch zur Entscheidung stehenden Teile der Kosten des Rechtsstreits beschränken kann.[7]

Eine über die "Kosten des Rechtsstreits" getroffene Kostenregelung, die normalerweise sämtliche Kosten sämtlicher Instanzen umfassen würde, kann deshalb bei einer bereits vorliegenden rechtskräftigen Entscheidung über die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens dahin auszulegen sein, dass sie sich nicht auf die bereits von der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung erfassten gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsmittelkosten erstreckt.[8]

Relevant werden kann das etwa bei einem Rechtsmittel, das gegen ein Grundurteil eingelegt wird, und dem sich anschließend noch das Betragsverfahren wegen der Höhe des Anspruchs anschließt. Ebenso bei einem in einem Stufenklageverfahren hinsichtlich des in der Auskunftsstufe ergangenen Urteils, wenn sich dann noch die Leistungsstufe anschließt.

Sollen die Kosten, über die bereits rechtskräftig entschieden wurde, von der Kostenregelung im Vergleich mitumfasst werden, bedarf es folglich einer ausdrücklichen Erwähnung.[9]

 

Beispiel 3

In einer Zivilsache A gegen B wegen 45.000 EUR ergeht vor dem LG zunächst ein Grundurteil, das keine Kostenentscheidung enthält. Gegen das Urteil wird durch B vollumfänglich Berufung eingelegt. Die Berufung bleibt erfolglos und die Kosten des Berufungsverfahrens werden durch Urteil dem B auferlegt. Der Streitwert beträgt 45.000,00 EUR. Anschließend wird die Zivilsache vor dem LG fortgesetzt und über die Höhe der Forderung entschieden. Die Kosten hat B zu tragen. Auch gegen dieses Urteil legt B vollumfänglich Berufung ein. Im Berufungsverfahren schließen die Parteien einen Vergleich, mit dem Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden. Der Streitwert beträgt 45.000,00 EUR.

Für den Anwalt von A und B ist jeweils folgende Vergütung angefallen:

 
I. Erstinstanzliches Verfahren  
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 1.557,40 EUR
  (Wert: 45.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 1.437,60 EUR
  (Wert: 45.000,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 572,85 EUR
  Gesamt 3.587,85 EUR

 

 
II. Berufung gegen Grundurteil  
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV 1.916,80 EUR
  (Wert: 45.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV 1.437,60 EUR
  (Wert: 45.000,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 641,14 EUR
  Gesamt 4.015,54 EUR

 

 
III. Berufung gegen Endurteil  
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV 1.916,80 EUR
  (Wert: 45.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV 1.437,60 EUR
  (Wert: 45.000,00 EUR)  
3. 1,3-Einigungsgebühr, Nrn. 1003, 1004 VV 1.557,40 EUR
  (Wert: 45.000,00 EUR)  
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 937,04 EUR
  Gesamt 5.868,84 EUR
  Gesamt I. + II. + III. 13.472,23 EUR

Neben den Anwaltskosten sind folgende Gerichtskosten angefallen:

 
I. Instanz  
3,0-Gerichtsgebühr, Nr. 1210 GKG KV 1.689,00 EUR
(Wert: 45.000,00 EUR)  

Zunächst gezahlt von A (§ 22 Abs. 1, § 12 Abs. 1 GKG).

 
Berufung gegen Grundurteil  
4,0-Gerichtsgebühr; Nr. 1220 GKG KV 2.252,00 EUR
(Wert: 45.000,00 EUR)  

Gezahlt von B (§ 22 Abs. 1 GKG).

 
Berufung gegen Endurteil  
2,0-Gerichtsgebühr; Nr. 1222 GKG KV 1.126,00 EUR
(Wert: 45.000,00 EUR)  

Gezahlt von B (§ 22 Abs. 1 GKG).

B hat in diesem Berufungsverfahren zunächst eine 4,0-Gebühr; Nr. 1220 GKG KV, von 2.252,00 EUR gezahlt. Die Gebühr hat sich wegen des Vergleichsabschlusses reduziert.

Kostenrechtliche Folgen:

Für die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die gegen das Endurteil eingelegte Berufung gilt: Die im Vergleich getroffene Regelung "Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben" hat zur Folge, dass sämtliche Gerichtskosten von A und B hälftig zu tragen sind. Ihre eigenen Anwaltskosten (sowie ggfs. Parteireisekosten) sind von A und B jeweils selbst zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens wegen des Grundurteils werden hingegen nicht von der Kostenregelung des Vergleichs erfasst, da keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung vorhanden sind. Die Gerichts- und Anwaltskosten dieses Berufungsverfahrens sind gem. der Kostenentscheidung in dem Urteil folglich von B allein zu tragen.

Hinsichtlich der Anwaltskosten (Berufung gegen Grundurteil) des A sind von B zu ersetzen:

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV 1.916,80 EUR
  (Wert: 45.000,00 EUR)  
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV 1.437,60 EUR
  (Wert: 45.000,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 641,14 EUR
  Gesamt 4.015,54 EUR

Die übrigen Anwaltskosten des A (3.587,85 EUR für erste Instanz und 5.868,84 EUR für die Berufung gegen das Endurteil) von 9.456,69 EUR hat A selbst zu tragen.

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