Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 und S. 3 Nr. 2, Nr. 3104 VV RVG

Leitsatz

Eine Terminsgebühr kann zur Entstehung gelangen, wenn der Kammervorsitzende, Einzelrichter oder Berichterstatter mit den Beteiligten außerhalb eines Termins jeweils in getrennten Telefonaten die Sach- und Rechtslage erörtert und auf Basis dieser Gespräche ein Vergleich geschlossen wird (im vorliegenden Fall verneint).

Thür. OVG, Beschl. v. 26.8.2020 – 4 VO 390/20

I. Sachverhalt

Mit seiner vor dem VG Weimar erhobenen Klage hatte der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung von Straßenausbaubeiträgen verlangt. Am 10.4.2019 fand vor dem zuständigen Einzelrichter ein Erörterungstermin statt, an dem der Kläger, nicht aber sein Prozessbevollmächtigter, teilgenommen hat. In diesem Erörterungstermin schlossen die Beteiligten einen Vergleich, nach dem der Kläger 60 % und die Beklagte 40 % der Verfahrenskosten zu tragen hat.

In seinem Kostenausgleichungsantrag machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers neben einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV und der Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV geltend. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle glich die Kosten des Rechtsstreits zwischen den Beteiligten ohne die vom Kläger geltend gemachte Terminsgebühr aus. Mit seiner hiergegen gerichteten Erinnerung hat der Kläger den Ansatz der Terminsgebühr darauf gestützt, sein Prozessbevollmächtigter sei an der Erledigung des Rechtsstreits durch Abschluss des Vergleichs beteiligt gewesen. Er habe in diversen Besprechungen mehrfach Vergleichsbereitschaft signalisiert. Die Beklagte hat demgegenüber entgegnet, mit ihren Prozessbevollmächtigten sei keine Besprechung geführt worden.

Das VG Weimar hat die Erinnerung des Klägers zurückgewiesen, weil eine Terminsgebühr nicht angefallen sei. Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde hat der Kläger geltend gemacht, zwischen dem Einzelrichter und seinem Prozessbevollmächtigten seien seinerzeit mehrere Telefongespräche geführt worden. Der letztlich zwischen den Parteien geschlossene Vergleich sei allein auf der Basis dieser Telefonate zustande gekommen. Die Beklagtenseite habe sich an diesen Vergleichsgesprächen zu keiner Zeit beteiligt. Für die Richtigkeit seines Vorbringens hat der Kläger beantragt, den Einzelrichter als Zeugen zu hören.

Das Thür. OVG hat die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.

II. Anfall der Terminsgebühr

1. Gesetzliche Regelung

Nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen. Die Terminsgebühr für Besprechungen entsteht nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Hiervon ausgenommen sind Besprechungen mit dem Auftraggeber. Nach Auffassung des Thür. OVG lag hier keiner der die Terminsgebühr auslösenden Sachverhalte vor.

2. Keine Terminswahrnehmung

Das Thür. OVG hat darauf hingewiesen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Termin nicht wahrgenommen hat, weil er an dem einzigen Termin vor dem VG Weimar, dem Erörterungstermin am 10.4.2019, nicht teilgenommen habe.

3. Keine Besprechung mit der Gegenseite

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe auch nicht mit der Gegenseite ohne Beteiligung des Gerichts eine Besprechung geführt. Dies habe nämlich der Kläger selbst nicht behauptet und sei von der Beklagtenseite verneint worden.

4. Keine Besprechung mit der Gegenseite durch Vermittlung des Gerichts

Nach den weiteren Ausführungen des Thür. OVG bietet der Vortrag des Klägers auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass eine Besprechung mit der Gegenseite durch Vermittlung des Gerichts stattgefunden haben könnte. Eine solche Besprechung könne die Terminsgebühr auslösen, wenn der Einzelrichter oder Kammervorsitzende mit den Beteiligten außerhalb eines Termins jeweils in getrennten Telefonaten die Sach- und Rechtslage erörtere und auf Basis dieser Gespräche ohne Durchführung eines Termins ein Vergleich geschlossen werde.

Dem Vorbringen des Klägers sei nicht zu entnehmen, dass der Einzelrichter des VG Weimar eine Besprechung zwischen den Prozessbevollmächtigten der Beteiligten vermittelt habe. Der Kläger habe lediglich vorgetragen, dass er mit dem Einzelrichter mehrfach Telefonate geführt habe. Dies genüge für den Anfall der Terminsgebühr für Besprechungen jedoch nicht. Aus dem Vorbringen des Klägers ergebe sich nämlich, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten an den telefonischen Gesprächen mit dem Einzelrichter nicht beteiligt gewesen sei. Vielmehr habe sich der Kläger in seinem Vortrag darauf beschränkt, auf die eigenen Telefonate seines Prozessbevollmächtigten mit dem Gericht zu verweisen. Dies könnte nach Auffassung des Thür. OVG allenfalls ein Anhaltspunkt dafür sein, dass er dem Gericht Vergleichsmöglichkeiten aufgezeigt habe. Dies allein genüge jedoch für die Annahme einer Besprechung mit der Gegenseite nicht. Bereits auf Grundlage des Vortrags des Klägers sei nicht dav...

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