Die Entscheidung ist zutreffend. Nach § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO sind die Kosten bei teilweisem Obsiegen und Unterliegen verhältnismäßig zu teilen. Es ist eine einheitliche Quote für die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu treffen.[1] Eine Aufteilung nach "den Kosten der Klage und der Widerklage" ist keine verhältnismäßige Teilung, abgesehen davon, dass diese Kostenregelung unklar ist. Es gibt nämlich keine "Kosten der Klage" und keine "Kosten der Widerklage". Infolge der Gebührendegression lassen sich die Gebühren nicht der Klage oder der Widerklage zuordnen.

Entsprechend ist beim Vergleich vorzugehen. Eine Kostenregelung, die nach den Kosten von Klage und Widerklage differenziert, ist daher so auszulegen, wie vom OLG Naumburg vorgenommen.

Diese Auslegung entspricht auch der Rspr., wenn die Kostenregelung nicht von den Parteien in einem Vergleich getroffen worden ist, sondern wenn das Gericht eine entsprechende fehlerhafte Kostenverteilung ausgesprochen hat. Auch dann wird in der Kostenfestsetzung diese Kostengrundentscheidung dahingehend ausgelegt, dass eine Verteilung nach dem Verhältnis der Werte von Klage und Widerklage vorzunehmen ist.

A.A. ist das OLG Koblenz. Danach soll die Kostenregelung in einem Vergleich, wonach der Widerkläger die Kosten der Widerklage zu tragen habe, während die übrigen Kosten gegeneinander aufgehoben werden, ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahin auszulegen, dass der Widerkläger vorweg nur die Mehrkosten der Widerklage zu tragen habe.[1] Besser wäre es natürlich, wenn die Gerichte von Vornherein darauf achten, verhältnismäßige Kostenregelungen zu treffen.

Ähnlich falsche, weil nicht verhältnismäßige Kostenentscheidungen finden sich bei Teilklagerücknahmen, etwa: "Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der durch die Klagerücknahme verursachten Kosten." Ebenso ist eine Verteilung nach Verfahrensabschnitten unzulässig, etwa: "Der Beklagte trägt die bis zum … angefallenen Kosten, der Kläger die nach dem ... angefallenen Kosten." Auch beim Parteiwechsel wird oft fehlerhaft tenoriert, etwa "Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte; die Mehrkosten des Parteiwechsels trägt der Kläger."

Nur dann, wenn das Gesetz eine Kostentrennung vorsieht, etwa bei den Kosten der Säumnis (§ 344 ZPO), erfolgloser Angriff und Verteidigungsmittel (§ 96 ZPO) etc., ist eine Kostentrennung zulässig und macht nur dann Sinn, weil in diesem Fall nur die "Mehr-Kosten" erfasst sein sollen.

Norbert Schneider

[1] Siehe Gehrlein/Prütting/Schneider, § 92 ZPO Rn 4.
[1] VersR 1980, 433.

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