Der volle Betrag ist maßgebend.

Kein Restwertabzug bei Totalschaden

Wird der Sachschaden auf Totalschadenbasis abgerechnet und muss sich der Geschädigte den erzielten oder den erzielbaren Restwert des Fahrzeugs als Vorteilsausgleich anrechnen lassen, dann bleibt für die außergerichtliche Regulierung jedoch der volle Sachschaden maßgebend (AG Ahlen AGS 2104, 543; LG Freiburg AnwBl 1971, 361; LG Koblenz zfs 1982, 205; Onderka, Anwaltsgebühren in Verkehrssachen, 4. Aufl. 2014, § 3 Rn 41; Dötsch, zfs 2013, 490; Jungbauer, DAR 1007, 609; a.A. AG Hildesheim AGS 2006, 396; AG Bad Hersfeld AGS 2015, 363). Der Schaden besteht in der Zerstörung des Fahrzeugs. Ein eventueller Restwerterlös führt nicht zu einer Reduzierung des Schadens, sondern zum teilweisen Ausgleich des Schadens. Hinzu kommt, dass sich die anwaltliche Tätigkeit auch auf die Prüfung des Vorteilsausgleichs und die Abwicklung der Restwertverwertung erstreckt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Anwalt von vornherein einen um den Restwert reduzierten Auftrag erhält.

 

Beispiel

Der Anwalt wird mit der Regulierung eines Verkehrsunfallschadens beauftragt. Er lässt ein Sachverständigengutachten einholen, wonach ein Totalschaden vorliegt (Zeitwert vor dem Unfall 8.000,00 EUR; Restwert 1.500,00 EUR).

Der Gegenstandswert beläuft sich auf 8.000,00 EUR. Der Restwert ist nicht in Abzug zu bringen.

 

Beispiel

Wie vorangegangenes Beispiel; jedoch hatte der Mandant das Sachverständigengutachten bereits selbst einholt. Er will das Fahrzeug behalten und beauftragt den Anwalt, die restlichen 6.500,00 EUR einzufordern.

Der Gegenstandswert beläuft sich jetzt nur auf 6.500,00 EUR.

Nachträgliches höheres Restwertangebot ist unbeachtlich

Folgt man der Auffassung, der Restwert sei abzuziehen, dann ist jedenfalls nur der Betrag abzuziehen, der bei Auftragserteilung zu erwarten war. Ein späteres höheres Restwertangebot des Versicherers hat dann keinen Einfluss mehr (AG Frankfurt AGS 2012, 91).

 

Beispiel

Der Anwalt wird mit der Regulierung eines Verkehrsunfallschadens beauftragt. Er lässt ein Sachverständigengutachten einholen, wonach ein Totalschaden vorliegt (Zeitwert vor dem Unfall 8.000,00 EUR; Restwert 1.500,00 EUR). Der Versicherer unterbreitet ein Restwertangebot von 2.500,00 EUR, das der Geschädigte annimmt.

Geht man davon aus, dass der Restwert beim Erledigungswert abzuziehen sei, wären aber nur die vom Sachverständigen geschätzten 1.500,00 EUR abzuziehen, so dass sich der Gegenstandswert auf 6.500,00 EUR belaufen würde. Keinesfalls dürften die 2.500,00 EUR abgezogen werden.

Ebenso unerheblich für die Berechnung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit und des Erledigungswerts ist eine eventuelle Haftungsbegrenzung, die der gegnerische Versicherer einwenden kann (LG Frankenthal AGS 2015, 16). So ist der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Geschädigten bei teilweiser Leistungsfreiheit des Versicherers und Ausübung des Verweisungsprivilegs nach Beauftragung des Rechtsanwalts nicht um den Betrag zu kürzen, in dessen Höhe der Versicherer leistungsfrei ist (OLG Saarbrücken AGS 2013, 490 = NZV 2013, 598).

 

Beispiel

Der Anwalt wird mit der Regulierung eines Verkehrsunfallschadens (Schaden 15.000,00 EUR) beauftragt. Der Mandant ist kaskoversichert. Der Versicherer erkennt die volle Haftung an, beruft sich aber wegen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherten i.H.v. 50 % auf das Verweisungsprivileg nach § 117 Abs. 3 S. 2 VVG.

Der Gegenstandswert und auch der Erledigungswert der Haftpflichtregulierung berechnen sich nach dem vollen Wert von 15.000,00 EUR.

Wird der Anwalt von vornherein beauftragt, nur einen Teil des Schadens mit dem Kaskoversicherer zu regulieren, so vermindert sich der Gegenstandswert für die Schadenregulierung mit dem Haftpflichtversicherer um diesen Betrag. Die Abrechnung mit dem Kaskoversicherer ist eine eigene Angelegenheit und löst eigene Gebühren nach dem Wert der geltend gemachten Kaskoentschädigung aus (OLG Zweibrücken AnwBl 1968, 363; OLG Hamm, AnwBl 1983, 141; LG Flensburg JurBüro 1986, 723; AG Lippstadt AnwBl 1966, 405; 1967, 67; AG Erfurt zfs 1999, 31; a.A. AG Bad Homburg zfs 1987, 173; ausführlich N. Schneider, Haftpflicht- und Kaskoabrechnung – zwei verschiedene Angelegenheiten, AGS 2003, 292)

Erhält der Anwalt dagegen zunächst einen umfassenden Auftrag, Schadensersatz vom Gegner zu verlangen und wird er erst später beauftragt, einen Teil des Schadens mit dem Kaskoversicherer zu regulieren, so vermindert sich der Gegenstandswert für die Schadenregulierung mit dem Haftpflichtversicherer nicht. Entscheidend bleibt der Auftragswert, der sich in der Regel dann um die Kosten der Kaskoregulierung erhöht.

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