Vergütung nach BGB bei fehlender Vereinbarung

Hat der Anwalt mit seinem Auftraggeber keine Gebührenvereinbarung getroffen, so gilt § 34 Abs. 1 S. 2 RVG. Der Anwalt erhält eine Vergütung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Einschlägig sind in diesem Fall die §§ 675, 612 Abs. 2 BGB. Der Anwalt erhält also eine angemessene (ortsübliche) Vergütung. Die Höhe dieser Vergütung richtet sich nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG (§ 34 Abs. 1 S. 3, 2. Teilsatz RVG).

Das AG Bielefeld ist im Jahre 2010 von einem angemessenen Stundensatz i.H.v. 190,00 EUR ausgegangen.

 
Praxis-Beispiel

Die ortsübliche Vergütung für beratende Tätigkeiten ist mit 190,00 EUR je Stunde anzusetzen.

AG Bielefeld, Urt. v. 2.3.2010 – 4 C 3/09, AGS 2010, 160

Das AG Fulda hat immerhin noch einen Stundensatz i.H.v. 150,00 EUR als angemessen angesehen.

 
Praxis-Beispiel

Ist keine Gebührenvereinbarung getroffen worden, bestimmt sich die Höhe der anwaltlichen Vergütung für einen Beratungstermin gem. § 34 Abs. 1 S. 2 RVG nach der durchschnittlichen ortsüblichen Stundenvergütung (hier: 150,00 EUR). Die Vergütung kann zeitanteilig von dem vereinbarten Beginn des Termins bis zu seinem tatsächlichen Ende berechnet werden. Dies gilt auch dann, wenn sich der Mandant verspätet hat.

AG Fulda, Urt. v. 18.2.2011 – 35 C 250/10 (E), Info M 2011, 249

Nach Auffassung des AG Stuttgart muss auch der Gegenstandswert mit berücksichtigt werden. Eine anwaltliche Gebührenbestimmung soll danach unbillig sein, wenn sie rein zeitabhängig erfolgt und den Gegenstandswert nicht berücksichtigt.

 
Praxis-Beispiel

Eine anwaltliche Gebührenbestimmung für die gegenüber einem Verbraucher entstandenen Vergütungsansprüche einer Erstberatung entspricht nicht der Billigkeit, wenn sie rein zeitabhängig und ohne Berücksichtigung des Gegenstandswerts erfolgt.

AG Stuttgart, Urt. v. 20.3.2014 – 1 C 4057/12, AGS 2014, 380 = RVGreport 2014, 304

Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend. Mit Einführung der Beratungsgebühr in § 34 RVG ist die vormalige Wertabhängigkeit der Beratung (§ 2 Abs. 1 RVG) abgeschafft worden. Der Wert sollte gerade nicht mehr ausschlaggebend sein. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist auch nicht als Kriterium in § 14 Abs. 1 RVG aufgeführt. Damit sollte insbesondere erreicht werden, dass einfache Beratungen mit hohen Werten nicht automatisch zu extrem hohen Gebühren führen. Dann muss aber auch umgekehrt ein geringer Wert grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Er kann allenfalls beim Kriterium der Bedeutung mit berücksichtigt werden.

Ähnlich hat das AG Emmerich im Jahr 2007 noch geurteilt und hat eine Wertgebühr von 0,75 für angemessen angesehen, was der halben Mittelgebühr einer Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) entspricht.

 
Praxis-Beispiel

Die nach dem BGB übliche Vergütung für die außergerichtliche Beratung kann bei einer 0,75-Gebühr liegen.

AG Emmerich, Urt. v. 8.10.2007 – 2 C 137/07, AGS 2008, 484

Das AG Brühl nimmt dagegen eine differenziertere Betrachtung unter Auswertung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG vor und berücksichtigt dabei auch den wirtschaftlichen Wert, den der Auftraggeber durch die Beratung erzielt.

 
Praxis-Beispiel

Bei der Bemessung der Gebühr ist zu berücksichtigen die Bedeutung der geschuldeten Arbeiten für den Auftraggeber, wobei Schwierigkeit, Ungewöhnlichkeit oder Dauer der verlangten Tätigkeit in die Abwägung einzubeziehen sind. Ebenso entscheidend ist das, was der Auftraggeber durch die Tätigkeit an wirtschaftlichem Wert erhalten soll, wobei nicht außer Acht gelassen werden darf, welche Vergütungen andere Auftragnehmer für ähnliche Arbeiten verlangen.

AG Brühl, Urt. v. 15.10.2008 – 23 C 171/08, AGS 2008, 589 = RVGreport 2009, 460

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