Nachträgliche Beschränkung

Wird ein Rechtsmittel zunächst uneingeschränkt eingelegt und dann erst später beschränkt, hat der Anwalt die Vergütung nach den Nrn. 3200 ff. VV bereits aus dem Gesamtwert verdient, so dass das anschließende Verfahren auf vorläufige Vollstreckbarerklärung nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG mit zum Berufungsrechtszug zählt und keine gesonderten Gebühren mehr auslösen kann.

 

Beispiel

Der Beklagte ist verurteilt worden, 10.000,00 EUR zu zahlen. Sein Anwalt legt auftragsgemäß gegen das Urteil Berufung ein und beantragt, das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. In der mündlichen Verhandlung nimmt er die Berufung teilweise zurück und wehrt sich nur noch gegen seine Verurteilung, soweit diese über 6.000,00 EUR hinausgeht. Der Kläger beantragt daraufhin, den nicht angegriffenen Teil des Urteils vorläufig für vollstreckbar zu erklären.

Die gesamten 10.000,00 EUR waren für beide Prozessbevollmächtigte anfangs Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die spätere Teilrücknahme der Berufung ändert daran nichts mehr. Es liegt daher nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG nur eine Angelegenheit vor. Zu rechnen ist für die beiden Anwälte wie folgt:

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV     892,80 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)      
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV     669,60 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)      
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV     20,00 EUR
  Zwischensumme 1.582,40 EUR    
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV     300,66 EUR
Gesamt 1.883,06 EUR  

Wäre die Berufung vor dem Termin zurückgenommen und der Antrag auf Vollstreckbarerklärung vor dem Termin gestellt und beschieden worden, wäre die Terminsgebühr nur nach 6.000,00 EUR angefallen.

Zu dieser Fallgruppe zählt für den Anwalt des Rechtsmittelklägers auch der Fall, dass er den Auftrag erhält, uneingeschränkt Rechtsmittel einzulegen, er aber dann von einem uneingeschränkten Rechtsmittel abrät und dieses dann nur noch beschränkt durchgeführt wird.

 

Beispiel

Der Beklagte ist verurteilt worden, 10.000,00 EUR zu zahlen. Der Beklagte beauftragt seinen Anwalt, gegen das Urteil uneingeschränkt Berufung einzulegen. Nach rechtlicher Prüfung rät der Anwalt dem Beklagten, die Berufung nur durchzuführen, soweit er zu mehr als 6.000,00 EUR verurteilt worden ist. Die Berufung wird auch nur entsprechend begründet. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird daraufhin vom Berufungsgericht der nicht angegriffene Teil des Urteils für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Für den Anwalt des Beklagten waren die gesamten 10.000,00 EUR Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die spätere Beschränkung ändert daran nichts mehr (BGH AGS 2018, 60 = ZInsO 2018, 347 = MDR 2018, 367 = NJW-Spezial 2018, 124 = FamRZ 2018, 522). Es liegt daher für ihn nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG nur eine Angelegenheit vor. Die Verfahrensgebühr der Nr. 3200 VV deckt jetzt für ihn auch das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung mit ab.

Zu rechnen ist für den Anwalt des Beklagten wie folgt:

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV     892,80 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)      
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV     669,60 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)      
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV     20,00 EUR
  Zwischensumme 1.582,40 EUR    
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV     300,66 EUR
Gesamt 1.883,06 EUR  

Für den Anwalt des Klägers liegt dagegen eine gesonderte Angelegenheit vor. Er erhält die Gebühren der Nrn. 3200 ff. VV nur aus dem Wert von 6.000,00 EUR und die Gebühren für das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung aus 4.000,00 EUR.

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