Leitsatz

1. Die Kosten einer anwaltlichen Vollstreckungsandrohung aufgrund eines Prozessvergleichs sind jedenfalls dann zu erstatten, wenn der Gläubiger nach Abschluss des Vergleichs eine Frist von zwei Wochen abgewartet hat, ob der Schuldner die titulierte Forderung freiwillig erfüllt.

2. Der Erstattungsfähigkeit der Vollstreckungsgebühr einer Vollstreckungsandrohung steht nicht entgegen, dass der Rechtsanwalt nicht zuvor die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs an den Schuldner zugestellt hat.

AG Esslingen, Beschl. v. 20.5.2010 – 1 M 1470/10

1 I. Der Fall

Die Parteien hatten einen Vergleich geschlossen, wonach sich der Schuldner zur Zahlung einer bestimmten Vergleichssumme verpflichtet hatte. Als nach Ablauf von zwei Wochen seit Protokollierung des Vergleichs die Zahlung noch nicht eingegangen war, drohte der Gläubiger durch seinen Anwalt die Zwangsvollstreckung an, falls nicht umgehend gezahlt werde. Der Schuldner zahlte daraufhin die Vergleichssumme, nicht jedoch die gleichzeitig mit in Rechnung gestellten Kosten für die Vollstreckungsandrohung (0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer). Daraufhin beantragte der Gläubiger gem. § 788 ZPO die Festsetzung der Vollstreckungskosten. Der Schuldner widersprach dem und berief sich darauf, dass er gezahlt habe und der Vergleich noch gar nicht zugestellt worden sei.

2 II. Die Entscheidung

Das AG hat die Kosten antragsgemäß festgesetzt.

Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung ist ausreichend

Das Gericht beruft sich dabei auf die Entscheidung des BGH (AGS 2003, 561 = Rpfleger 2003, 596 = BGHR 2003, 1251 = FamRZ 2003, 1742 = NJW-RR 2003, 1581 = MDR 2003, 1381 = InVo 2004, 35 = KTS 2003, 671 = WM 2004, 353 = BRAGOreport 2003, 200 = BB 2003, 2428 = ProzRB 2004, 1 = ArbRB 2004, 4), wonach die durch eine Vollstreckungsandrohung ausgelöste Verfahrensgebühr erstattungsfähig ist, "wenn der Gläubiger im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels ist, die Fälligkeit der titulierten Forderung eingetreten ist und dem Schuldner eine angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung der Forderung eingeräumt war".

Zustellung des Vergleichs ist nicht erforderlich

Weiter heißt es dort: "Der Senat folgt der Meinung, der Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Vollstreckungsgebühr für eine an den Schuldner gerichtete Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung stehe nicht entgegen, dass der Rechtsanwalt nicht zuvor die Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels bewirkt hatte."

Zwei Wochen sind angemessene Zahlungsfrist

Das Gericht erörtert dann, ob hier eine angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung gewährt worden war. Ebenfalls unter Berufung auf den BGH (AGS 2003, 561 = Rpfleger 2003, 596 = BGHReport 2003, 1251 = FamRZ 2003, 1742 = NJW-RR 2003, 1581 = MDR 2003, 1381 = InVo 2004, 35 = KTS 2003, 671 = WM 2004, 353 = BRAGOreport 2003, 200 = BB 2003, 2428 = ProzRB 2004, 1 = ArbRB 2004, 4) bejaht es das. Der Vergleich war am 5.3.2010 geschlossen worden. Ausgehend von einer Zwei-Wochen-Frist hätte daher die Zahlung bis zum 21.3.2010 bewirkt sein müssen. Die am 23.3.2010 ausgesprochene Vollstreckungsandrohung lag damit außerhalb der Frist und war notwendig.

Zahlung nach Fristablauf ist unerheblich

Unerheblich war nach Auffassung des Gerichts insoweit, dass die Zahlung zwischenzeitlich bewirkt worden war. Da die Gutschrift beim Gläubiger noch nicht eingegangen, jedenfalls ihm noch nicht bekannt war, durfte er die Vollstreckungsandrohung aussprechen, die damit notwendig war.

3 III. Der Praxistipp

Die Kosten einer Vollstreckungsandrohung nach § 788 ZPO sind grundsätzlich erstattungsfähig und können nach § 788 ZPO gegen den Schuldner festgesetzt werden (BGH FamRZ 2004, 101 = DGVZ 2004, 24).

Zustellung ist unerheblich

Ob dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung bereits zugestellt worden ist oder nicht, ist unerheblich (BGH FamRZ 2004, 101 = DGVZ 2004, 24). Die Zahlungspflicht ergibt sich nämlich bereits unmittelbar aus dem Vergleich. Sie beginnt nicht erst mit Zustellung des Titels.

Das Gericht ist allerdings – ebenso wie offenbar der BGH – der Auffassung, dass die vollstreckbare Ausfertigung bereits vorgelegen haben müsse, da anderenfalls eine Vollstreckung noch nicht möglich sei.

Zahlungsfrist beginnt mit Abschluss des Vergleichs

Für den Fristbeginn stellt das Gericht auf den Abschluss des Vergleichs ab. Der Schuldner weiß mit Abschluss des Vergleichs, was er zu zahlen hat. Einer zusätzlichen Zustellung oder Übersendung des Vergleichstextes bedarf es nicht. Dies hätte ohnehin nur deklaratorische Bedeutung.

Vollstreckungsandrohung löst 0,3-Verfahrensgebühr aus

Ausgelöst wird durch eine Vollstreckungsandrohung eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV, da bereits die Vorbereitung der Zwangsvollstreckung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG zur Vollstreckungsangelegenheit gehört.

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