Ordnungsgemäße Abrechnung erforderlich

Die Fälligkeit der Vergütung bedeutet noch nicht, dass der Anwalt seine Vergütung auch durchsetzen kann. Hierzu bedarf es noch einer ordnungsgemäßen Abrechnung nach § 10 RVG. Solange dem Auftraggeber keine ordnungsgemäße Berechnung mitgeteilt worden ist, liegt nur eine sog. Naturalobligation vor. Das bedeutet, dass der Auftraggeber zwar mit Erfüllungswirkung zahlen kann, er dazu aber nicht verpflichtet ist. Der Anwalt kann also weder seine Vergütung einklagen noch kann er sie durch Aufrechnung oder anderweitig durchsetzen.

Voraussetzungen einer Abrechnung

Zu den Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Rechnung gehören nach § 10 Abs. 2 RVG insbesondere:

Die Abrechnung der Vergütung muss schriftlich (§ 126 BGB) erfolgen. Ein gesondertes Rechnungsblatt ist nicht erforderlich, aber empfehlenswert.
Der Auftraggeber als Rechnungsadressat muss zutreffend und eindeutig bezeichnet sein. Bei mehreren Auftraggebern muss jedem Auftraggeber eine eigene Rechnung über den ihn betreffenden Haftungsanteil mitgeteilt werden (LG Mannheim AGS 2012, 324 = AnwBl 2013, 149 = NJW-Spezial 2012, 444 = RVGreport 2012, 414; AG Kerpen AGS 2014, 375 = zfs 2014, 588 = NJW-Spezial 2014, 508).
Die abgerechnete Angelegenheit muss konkret bezeichnet sein. Grundsätzlich wird die Angabe der Parteien genügen. Sofern mehrere Sachen zwischen denselben Parteien in Bearbeitung sind, muss die Sache weiter konkretisiert werden.
Die angewandten Gebührentatbestände müssen durch eine "kurze Bezeichnung" konkretisiert sein (z.B. "Geschäftsgebühr", "Verfahrensgebühr", "Terminsgebühr").
Die angewandten Gebührenvorschriften müssen nach den Nummern des Vergütungsverzeichnisses zitiert werden. Der Klarheit halber sollten auch Hilfsvorschriften, wie z.B. Nr. 1008 VV, mitzitiert werden. Bei einer Beratung ist die Angabe des § 34 RVG i.V.m. §§ 675 Abs. 1, 612 Abs. 2 BGB erforderlich (AG Remscheid AGS 2015, 219 = NZFam 2015, 523 = RVGreport 2015, 298 = RVGprof. 2015, 131 = NJW-Spezial 2015, 315).
Bei Satzrahmengebühren muss der angewandte Gebührensatz angegeben werden (LG Freiburg AGS 2012, 222 m. Anm. N. Schneider).
Die jeweiligen Gebührenbeträge müssen einzeln ausgewiesen sein. Die Angabe der Gebührensätze bei Wertgebühren ist zwar nicht vorgeschrieben; sie sollten der Klarheit halber jedoch ebenfalls angeführt werden.
Berechnet sich eine Gebühr nach dem Gegenstandswert, so muss auch dieser angeführt werden. Nicht erforderlich ist es, die entsprechenden Streitwertvorschriften zu zitieren.
Auslagen müssen ebenfalls bezeichnet werden. Bei pauschaler Abrechnung genügt der Hinweis auf die Postentgeltpauschale (Nr. 7002 VV). Im Übrigen müssen die Auslagen benannt werden; eine detaillierte Aufstellung ist allerdings nur auf Nachfrage des Mandanten erforderlich. Bei Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Angabe des Gesamtbetrages (§ 10 Abs. 2 S. 4 RVG).
Eventuelle Vorschüsse, Zahlungen Dritter und anzurechnende Beträge (z.B. nach Anm. zu Nr. 3305 VV; Vorbem. 3 Abs. 4 VV) müssen ausgewiesen und gutgeschrieben werden.
Schließlich muss die Kostenrechnung vom abrechnenden Anwalt eigenhändig unterschrieben werden. Ein Faksimilestempel reicht nicht aus. In Ausnahmefällen kann die Unterschrift auf einem Anschreiben oder einem Begleitschreiben ausreichen. Verlassen sollte sich der Anwalt hierauf jedoch nicht.
 

Wichtig

Eine vor Fälligkeit erstellte "Rechnung" ist tatsächlich keine Rechnung i.S.d. § 10 RVG, sondern eine Vorschussanforderung. Darauf können ein Einfordern und eine Klage nicht gestützt werden (AG Berlin-Lichtenberg AGS 2013, 274 = RVGreport 2013, 306). Der Anwalt muss nach Fälligkeit eine (neue) Schlussrechnung schreiben und mitteilen.

Angabe der Steuernummer und des Leistungszeitraums

Nicht zu den Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Rechnung nach § 10 RVG gehört die Angabe des Leistungszeitraums und der Steuernummer des Anwalts (§§ 14 Abs. 1a, 27 Abs. 3 UStG). Fehlen diese Angaben, ist dies für die Einforderbarkeit der Vergütung grundsätzlich unerheblich. Allerdings steht dem Auftraggeber gegebenenfalls ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zu. Er kann die Zahlung der Vergütung davon abhängig machen, dass ihm eine ordnungsgemäße Rechnung mit Angabe der Umsatzsteuer, der Rechnungsnummer und des Leistungszeitraums ausgehändigt wird (BGH NJW 1980, 2710).

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